Zum 150. Geburtstag: Sonderausstellung zu Mutter Eva

Erstellt von Henning Siebel (17.8.16, aktualisiert 13.9.16) |

"Mutter Eva - Ihr Glauben und Leben" lautet der Titel einer Sonderausstellung des Oberschlesischen Landesmuseums in Ratingen. Aufgrund der guten Resonanz wurde sie um drei Monate bis 6.11.16 verlängert.

Freudenberg/Ratingen. „Mutter Eva – Ihr Glauben und Leben“ – so hat das Oberschlesische Landesmuseum in Ratingen im Gedenken an den 150. Geburtstag Mutter Evas eine Sonderausstellung betitelt. Ursprünglich bis Mitte August geplant, ist sie nun in einer Verlängerung noch bis zum 6. November 2016 zu sehen. Initiatorin und Kuratorin ist die Archäologin Izabella Kühnel aus Kattowitz. Sie war viele Jahre Mitarbeiterin des Oberschlesischen Museums in Beuthen / Bytom. Seit Kurzem ist sie im Ruhestand. Mit Unterstützung der sogenannten "Liga der nicht gleichgültigen Frauen", einer seit 10 Jahren sozial tätigen Gesellschaft, hat sie dieses grenzüberschreitende internationale Projekt realisiert.

In enger Zusammenarbeit mit Melanie Mehring und Leonhard Wons, den wissenschaftlichen Mitarbeitern des Ratinger Museum, hat Izabella Kühnel das Ausstellungskonzept entwickelt. Dabei greift der Titel eigentlich etwas kurz, denn die Ausstellung beschränkt sich keinesfalls auf Eva von Tiele-Winckler allein. „Mir war von Anfang an wichtig, dass eine Ausstellung die ganze Familiengeschichte umfassen soll, daher die Herkunft Mutter Evas mit betrachtet werden muss“, betont die Kuratorin. Besonders freut sie sich über den entstandenen Kontakt zum Friedenshort. Bei einem Besuch in Freudenberg im Frühjahr 2016 hat Kühnel mit Vorstand und Öffentlichkeitsreferat ausgelotet, in welcher Form eine Unterstützung der Ausstellung möglich ist. Großer Vorteil: Für die Jubiläumsfeierlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen des Friedenshortes im Jahr 2015 wurde umfangreiches Bildmaterial aus den Anfangszeiten des Friedenshortes digitalisiert, welches sich nun zu einem großen Teil in der Ausstellung wiederfindet. Auch konnten einige Gegenstände als Leihgabe zur Verfügung gestellt werden, wie Geschirr aus Miechowitz oder Stühle aus dem damaligen elterlichen Schloss. Außerdem wird der zum Jubiläum entstandene Film „125 Jahre Friedenshort“ (neben einigen polnischen Produktionen) in einem Vorführraum gezeigt.

Familiengeschichte und persönliche Geschichte

Durch das Ausstellungskonzept finden die Besucher eine räumliche Gliederung in die Familiengeschichte der Tiele-Wincklers und in das Leben und Wirken Mutter Evas vor. Auf grafisch ansprechend gestalteten Tafeln ist zum Beispiel in Kurzform die spannende Lebensgeschichte Franz von Wincklers (1803 – 1851) nachzulesen, dem Großvater Evas mütterlicherseits. „Vom Bergmann zum Aristokraten“ ist diese passend überschrieben. Als 16-Jähriger nahm er seine Arbeit als Bergmann auf, investierte jedoch Zeit in weitere Ausbildung und stieg in der Hierarchie der Grube „Maria“ in Miechowitz immer weiter auf. Dies muss offenbar so eindrücklich gewesen sein, dass ihm Maria Aresin, die Frau seines Arbeitgebers, nach dem Tod ihres Mannes, die Verwaltung des gesamten Vermögens übertrug. Zudem blieb es nicht bei einer rein geschäftlichen Beziehung, denn beide heirateten 1832. Mit kaufmännischem Geschick vermehrten sie in kurzer Zeit das Vermögen beträchtlich, es wuchs auf 69 Bergbaufelder, 7 Hütten und 14 Gruben an. 1840 wurde Franz Winckler in den Adelsstand erhoben. Seine Tochter Valeska (Evas Mutter), erbte als junge Frau mit 24 Jahren das riesige Vermögen.

Eine andere Tafel ist dem elterlichen Schloss im oberschlesischen Miechowitz gewidmet, von dem im heutigen Miechowice nur noch rund 10 Prozent erhalten ist. Der klassizistische Bau entstand 1812 bis 1817. Nach einem Sturmschaden 1844 wurde das Schloss umfangreich erneuert und erhielt ab 1855 noch zwei Flügel im neugotischen Stil. Die Familie von Tiele-Winckler lebte bis 1906 dort und zog dann in das recht weit entfernte Schloss Moschen um. Fortan verwaltete die Preussengrube AG das große Gebäude. Im Januar 1945 wurde es durch die russische Armee geplündert und niedergebrannt und zehn Jahre später durch polnische Soldaten weitgehend gesprengt.

Eindrucksvolle Grafiken von
Witold Zareba

Zu Mutter Eva haben die Ausstellungsplanerinnen eine optische Unterteilung in die erste Zeit ihres Wirkens als junge Frau und in die Zeit als Diakonisse sowie die Entstehung des Friedenshortes vorgenommen. Der polnischer Grafiker Witold Zar?ba, der in Tschenstochau an der Kunstakademie tätig ist, hat Eva als junge Frau gezeichnet, die gerade dabei ist kranke Menschen im Dorf zu versorgen. Material zur medizinischen Versorgung aus der damaligen Zeit veranschaulicht in einer Vitrine diesen Aspekt. Dem Leben und dem Wirken der Friedenshort-Diakonissen in Miechowitz sowie den Kinderheimaten als Hauptteil der sozial-diakonischen Arbeit des Friedenshortes ist ein eigener Bereich gewidmet. Eine weitere sehr ansprechende Grafik zeigt Mutter Eva mit Kindern. Zwei große Kästen zeigen eine umfangreiche Sammlung mit Vergrößerungen der vom Friedenshort zur Verfügung gestellten Fotos und Erläuterungen zu den diversen Gebäuden und Gruppen. Aber nicht nur Bilder zeugen von den Kinderheimaten und dem Friedenshort in Miechowitz, sondern auch nett zusammengestelltes Spielzeug aus früheren Zeiten. Eine Info-Tafel informiert über die „Heimat für Heimatlose“, eine weitere zudem über den „Sternenbund“ mit seinen Patenschaften für die betreuten Kinder. Zu Mutter Eva selbst informiert die Ausstellung in unterschiedlichen Info-Tafeln, wobei zum einen mehr auf ihre Person und Grundhaltung und zum anderen mehr auf die Entwicklung ihrer Arbeit eingegangen wird. Eine Vitrine mit einer Auswahl an Büchern widmet sich ihrem literarisch-geistlichen Wirken. In Kurzform gibt es zudem Informationen über den Friedenshort von damals bis heute.

„Mein Eindruck ist, dass die Besucherinnen und Besuchern die Mutter-Eva-Ausstellung mit hohem Interesse besuchen, wobei sie als Person jedoch den meisten zuvor unbekannt war“, zieht Melanie Mehring eine Zwischenbilanz. Viele zeigten sich überrascht vom vielfältigen Wirken, der Lebensgeschichte sowie der Tatsache, dass ihr Lebenswerk bis in die heutige Zeit eine Fortsetzung gefunden hat.

Link

<link http: www.oberschlesisches-landesmuseum.de ausstellungen vor-ort.html>Ausstellungswebseite Oberschlesisches Landesmuseum

<link>Jubiläumsfilm "125 Jahre Friedenshort"

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