Einrichtung Tostedt: Ehrenamt und Jugendhilfe Hand in Hand

Erstellt von Ekkehard Voppel, Einrichtungsleitung Tostedt |

Ein beispielhaftes Engagement für junge minderjährige Flüchtlinge kam innerhalb weniger Stunden zustande.

Tostedt. Minderjährige Flüchtlinge kommen zu uns, alleine oder in kleinen Reisegruppen. Sie sind auf der Flucht aus ihren Heimatländern vor Bomben, Zwangsrekrutierungsversuchen, sie haben Todesangst erlebt. Sie haben sich durchgeschlagen und sind durch für sie fremde Welten gereist.

Bei allem hohen Einsatz, den die Ev. Jugendhilfe Friedenshort auch in der Einrichtung Tostedt nun leistet: Wenn die engagierten ehrenamtlichen Menschen vor Ort nicht wären, die Jugendlichen wären noch verlorener in unserer Welt. Dieses Engagement kam bei uns in der Nähe von Tostedt innerhalb weniger Stunden zustande. In einer kleinen Ortschaft mit weniger als eintausend Einwohnern arbeiten über siebzig Ehrenamtliche von 25 bis 88 Jahren zusammen und organisieren sich. Begonnen hat alles auf einer Informationsveranstaltung zur Einrichtung einer Gruppe für 30 junge männliche Flüchtlinge, zu der die Bürger des Ortes eingeladen waren. Es kamen über 100 Interessierte, die nun Gelegenheit hatten, ihre Fragen an die Politik und uns zu stellen und es herrschte zunächst eine Stimmung, die nicht eindeutig auszumachen war.

Nachdem die Veranstaltung einen positiven Verlauf genommen hatte, boten während und direkt nach der Veranstaltung mehr als die Hälfte der versammelten Bürger Ihre Hilfe an! So wurden innerhalb von wenigen Tagen Veranstaltungen mit verschiedenen Themenschwerpunkten für die Jungen organisiert. Die Ehrenamtlichen sorgen für ein regelmäßiges W-LAN Café, damit die Jungen den Kontakt mit Angehörigen pflegen können. Sie spendeten Fahrräder und reparierten sie zusammen mit den Jungen. Sie organisierten anfangs stundenweise einen "Schulunterricht", bis die Regelschulen Plätze für die Neuankömmlinge geschaffen hatten. Sie begleiten zu Ärzten, zeigen den Jungen die Umgebung, gehen mit ihnen zum Schwimmen, organisieren sportliche Aktivitäten, machen Ausflüge oder gehen gemeinsam ins Konzert.

Erstaunte Fragen und großer Dank

Wie und warum feiern die Deutschen Weihnachten und Ostern? Gibt es in Deutschland eigentlich verschiedene Religionen und wie schaffen es die verschiedenen Religionen hier friedlich zusammenzuleben? Warum werde ich als Jugendlicher an den Entscheidungen, die mich betreffen, überhaupt beteiligt? Solche Fragen und viele andere mehr, die auch die demokratische Gesellschaft betreffen, werden uns und den ehrenamtlichen Helfern häufig gestellt. Die Jungen begegnen unserer Offenheit und unserem Engagement zunächst mit Ungläubigkeit und großer Dankbarkeit und merken gleichzeitig wie schwer es für sie ist, die vielen Eindrücke zu sortieren und ihren Weg bei uns zu finden. Manchen gelingt dies schneller, manche bringen kaum die Kraft auf, einige deutsche Wörter zu lernen und wirken zunehmend verzweifelt. Immer wieder sind es die erwachsenen Ansprechpartner, die sich ehrenamtlich oder beruflich stark engagieren, den Mutlosen Mut machen, den Hoffnungslosen Hoffnung geben, die Traurigen trösten, die Wütenden besänftigen und auffangen mit Liebe, Gelassenheit, Nachsicht, aber auch mit Klarheit und Eindeutigkeit.

Daher gilt mein Dank allen unseren Mitarbeitenden und den ehrenamtlichen Unterstützern für ihr Engagement, ihre Ideen, ihre Zeit, ihre Fachlichkeit und Mitmenschlichkeit.

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