Indien-Projekt „Shanti“: Ethische Fragen und kreative Kunstprojekte

Erstellt von Henning Siebel |

Künstlerin Viviane Sack aus Berlin überraschte Kinder mit außergewöhnlichen Gestaltungsideen / Regionalleiterin Helena Scherer führte Fortbildung durch

Tamaram/Berlin. Im Rahmen ihrer regelmäßigen fachlichen Unterstützung unseres Projektpartners „Emmanuel Ministries“ im sozial-diakonischen Projekt „Shanti“ reiste TWH-Regionalleiterin Helena Scherer im Februar nicht allein nach Indien. Mit dabei war die Berliner Künstlerin Viviane Sack. „Sie wohnt bei mir in der Nachbarschaft, und als wir über das Indienprojekt ins Gespräch kamen, weckte dies bei ihr großes Interesse, mit den Kindern dort zu arbeiten“, berichtet Helena Scherer. Und wie sich zeigen sollte, übertrug sich die schon vorhandene Begeisterung der Künstlerin sehr schnell auf die Kinder. Das lag offensichtlich auch an den ungewöhnlichen kreativen Ideen. Erstes Beispiel: das „Portraitieren mit Durchblick“. Hier bildete nicht der klassische Zeichenblock die Grundlage, sondern die jungen Künstlerinnen und Künstler saßen ihren Modellen Auge in Auge gegenüber. Gezeichnet wurde auf eine gerahmte Glasscheibe. „Dies ermöglicht Nähe und Interaktion, das Modell erlebt außerdem den kreativen Entstehungsprozess mit“, erläutert die Künstlerin in ihrer Projektbeschreibung. Auch mit dem nächsten Projekt „Ketten-Bilder“ hatte die Künstlerin die Kinder überrascht: „Meine Frage an die Kinder war, ob sie sich vorstellen könnten ohne Papier oder Buntstifte, Pinsel, Kreide etc… zu zeichnen? Nachdem ich die Kinder kurz einen Moment grübeln ließ, zog ich eine schmale 1,5 Meter lange schwarze Kette aus meiner Tasche. Verblüfte Kindergesichter – ein Kettchen?“ Die Kinder konnten nun damit experimentieren und Formen erzeugen. Neben Anforderungen an die Feinmotorik war auch logisches (Voraus)Denken gefragt, denn durch die Begrenzung der Kettenlänge war der Gestaltungsspielraum natürlich eingeschränkt. Abstraktes Denken wurde beim Hände-Projekt gefördert, galt es doch, mit der Formgebung der Hände Motive mit ähnlichem Aussehen zu schaffen. Zur Freude der Künstlerin ließen sich die Kinder hervorragend auf die Idee ein. So überlagerten sich Daumen zu einem Schmetterlings Gesicht, Hände wurden zu Fischen und Oktopussen, zu Baumstämmen und Vögeln. Den Abschluss bildete das Gestalten von Masken, die unterschiedliche Stimmungen ausdrücken sollten und die in eine Präsentation mündeten, zu der die Kinder sogar spontan noch einen Tanz einstudierten.

Welche Werte spielen eine Rolle?

Für Helena Scherer war ihr Fortbildungsthema eine gewisse Herausforderung: „Es war der Wunsch von Bischof Jeevan, dass wir uns mit ethischen Fragen und Werten mit Blick auf das Menschenbild beschäftigen, insbesondere im erzieherischen Umgang mit den Kindern und Jugendlichen.“ Erzieher und Lehrer waren gefordert, sich mit „Macht und Ohnmacht“ in der Erziehung auseinanderzusetzen. Ein zentraler Punkt: Grenzen zu setzen ist notwendig, aber wie erfolgt dies unter Beachtung ethischer Werte, wie trägt dies zum Wohl und zur Würde der Kinder bei? „Hierbei konnte ich von den Erfahrungen aus der Jugendhilfe unseres Werks profitieren“, so Helena Scherer. Angelehnt an die so genannte Ampel aus dem Bereich des Beschwerdemanagements (vgl. frühere Berichte in diesem Heft), erarbeitete sie mit den Kindern und Betreuern Einordnungen zum Thema Grenzen setzen: Was ist verboten? Was muss sein, auch wenn es nicht gefällt? Was ist eindeutig erlaubt? „Für mich war es wichtig, dass alle erkennen, dass Grenzen auch für die Kinder plausibel und gerechtfertigt sein müssen“, so die Regionalleiterin. Dies sei für die Erwachsenen zunächst nicht ganz so leicht gewesen, bedeutete es doch eine gewisse Abkehr von teils tradiertem Verhalten. Die Kinder dagegen hätten sehr rasch einen Zugang zum Thema gefunden. „Es war ein anspruchsvolles Thema, zugleich aber auch sehr wichtig, dass sich die Mitarbeitenden mit ihrem Erziehungsauftrag auseinandergesetzt haben“, so ihr Resümee. Lohn für intensives Arbeiten sowohl im Kunstworkshop als auch im Ethik-Projekt war am Ende für alle Beteiligten ein fröhlicher Ausflug ans Meer.

 

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