Surfen und Chatten mit Pinsel und Farbe

Erstellt von Christina Hohmann |

Die Ausstellung zur Herbstferienaktion des Projekts "Mal(e) nicht online" war ein echter Hingucker

Siegen-Geisweid. Schon aus einiger Entfernung war es zu sehen: Das große Schild im Schaufenster des ehemaligen Schleckermarktes im Geisweider Wohngebiet Wenscht. „Kunst-Ausstellung“ stand in farbigen Lettern darauf, ein Anblick, der neugierig machte. Und was die Lettern schon versprachen, erfüllte sich beim Betreten des Raumes, der zu einem einladenden Farbenreich geworden war. „Papa, Mama, schau mal, das hier hab ich gemalt und dort, dieses Bild auch!“, waren die Stimmen von Kindern zu hören, die stolz umher rannten, um ihre Werke zu zeigen. 
 
Entstanden sind diese im Rahmen der Herbstferienaktion des Projekts <link http: www.friedenshort.de typo3 external-link-new-window external link in new>Opens external link in new window„Mal(e) nicht online“ der Ambulanten Hilfen im Sozialraum Siegen-Geisweid. Vom 06. bis 10. Oktober waren Kinder und Jugendliche dazu eingeladen, sich an Staffeleien zu erproben und ganz ohne Smartphone und Internet ihre Ferienzeit zu verbringen. 

Für die Kinder war der finale Tag der Ausstellung etwas ganz Besonderes. Die eigenen Bilder hingen an den Wänden oder im Schaufenster, wurden von Strahlern angeleuchtet, zierten Staffeleien oder blumenähnlich die grünen Rasenteppiche auf dem Boden. Die öffentliche Ausstellung lockte auch Freunde, Verwandte und Nachbarn in den von der KSG "mehrgenerationenwohnen im wenscht" zur Verfügung gestellten Raum. Dieser bot einen geeigneten Ort für die kreative Arbeit, da er sowohl Rückzug ermöglichte, als auch einen hellen, offenen Atelier-Charakter innehat. 

Während der Aktionstage erhielten die Kinder von Verkin Tasci, Stefanie Wagener-Ehlen (beide Friedenshort), Ralf Steuernagel (Diakonie) sowie Petra Bergmeier inspirierende Ideen mit auf den Weg. „Zu Beginn sollten die Kinder erst einmal die Farben kennenlernen“, berichtet Verkin Tasci. „Daraus wurde eine regelrechte Explosion der Farben!“ Danach habe man im Hintergrund Musik abspielen lassen oder Geschichten gelesen. „Die Farben wurden nun plötzlich viel feiner und gefühlvoller“, so Tasci. 

Ob acht oder fünfzehn Jahre alt - alle waren gemeinschaftlich und konzentriert bei der Sache und tauschten sich über ihre Ideen aus. „Wir haben ihnen zum Beispiel die Aufgabe gestellt, sich mit Schwarz zu beschäftigen. Es war interessant zu beobachten, wie die Kinder damit umgingen", so Verkin Tasci. Schon bald hätten sie farbige Akzente zu den dunklen Tönen hinzugefügt und damit die Bilder "leichter" gemacht. 

Auch die Serie „Meine Kreise“ übte Faszination aus. „Ebenso, wie ein ins Wasser gefallener Stein Kreise zieht, verursachen auch wir Menschen Kreise um uns. Damit haben sich die Kinder beschäftigt“, berichtete Ralf Steuernagel. Begeistert ist er, dass keines der Kinder sich an seinen mitgebrachten Bildern orientierte, sondern jedes einen eigenen Zugang zum gestellten Thema fand. 

Stefanie Wagener-Ehlen wies auf die Bilder eines Mädchens mit leichter geistiger Behinderung hin. „Sie ging voller Intuition an die Sache heran und malte aus dem Bauch heraus mit der Hand ein Gedicht von Else-Lasker-Schüler nach. Das fand ich wirklich klasse,“ schilderte sie mit Stolz.

Die Malwerkstatt ermöglicht eine ganz besondere Form der Kommunikation. Wenn das Handy beiseitegelegt, der Computer in unerreichbarer Nähe ist, Sms- und Anrufklingeltöne durch das Schaben der Pinsel, Spachtel und Schwämme über Papier ersetzt werden – dann kehrt eine besondere Form von Ruhe ein. Beim Malen tauchen die Kinder und Jugendlichen nicht nur in die Besonderheiten der Farben hinein, sondern auch in sich selbst, um frei von Vorgaben etwas zu produzieren. Auch offline chatten ist möglich. So zeigte eines der ausgestellten Bilder ein (perfekt verschlüsseltes) Zwiegespräch nur aus Strichen, Buchstaben und Zeichnungen.

Durch die Malwerkstatt sind zudem bereits neue Hobbys entstanden. Eines der Mädchen wünscht sich zu Weihnachten eine Staffelei. „Und auf dem Dachboden mache ich mir dann ein eigenes Atelier“, gibt sie ihre Pläne stolz kund.
Zwei Tage nach der Ausstellung war die Malwerkstatt übrigens schon wieder aktiv, diesmal beim traditionellen Bürgerfest in Geisweid. 

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