Bei einem Kunstprojekt im KiJuFaZ enstanden Werke fernab vom Kinderbilder-Klischee

Erstellt von Henning Siebel |

Siegen. „Das hat meine Tochter tatsächlich gemalt?“, staunt eine Mutter. Und in der Tat: Die Bilder, die beim Kunstprojekt mit Ulrich Seipp im Kinder-, Jugend- und Familienhilfezentrum (KiJuFaZ) auf dem Fischbacherberg entstanden sind, begeisterten die Besucher bei der Ausstellungseröffnung am 18. Juni kolossal. [Beim Pressegespräch vor der Ausstellungseröffnung: Kunstlehrer und Maler Ulrich Seipp mit den jungen Künstlerinnen und Künstlern (in alphabetischer Reihenfolge): Muvaffak Aslan, Nadine Brockmann, Angela Feicht, Michelle Haydn, Delyana Jakup, Simon Jenke-Mündelein, Bianca Mühlhaus, Manuel Schneider, Michael Sohler - Bild: Siebel] Von Januar bis Mai hat sich der aus Haiger stammende Kunstlehrer und Maler Ulrich Seipp wöchentlich mit den 6- bis 12-jährigen Jungen und Mädchen zum Malangebot getroffen. Im vergangenen Jahr hatte er bereits in einem ersten Projekt mit den Kindern eine Gips-Skulptur erstellt. Der Kontakt zum Friedenshort kam über Jürgen Holländer, Leiter der Siegener Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern zustande. Unterstützt wurde Seipp von Annette Klein, sozialpädagogische Fachkraft im KiJuFaz. Insgesamt 35 der entstandenen Bilder schmücken jetzt - über mehrere Etagen verteilt - die reichlich vorhandenen, weißen Wände im KiJuFaz. Sie können während der regulären Öffnungszeiten besichtigt werden. Das Thema: Gefühle „Wir haben uns entschlossen, für die Bilder das Thema ,Gefühle’ zu wählen“, erläuterte Ulrich Seipp im Pressegespräch vor der Ausstellungseröffnung. „Gefühle begleiten uns ein Leben lang und doch müssen wir uns – auch als Erwachsene – eingestehen, wie schwer es ist, über Gefühle zu sprechen“, so Seipp. Das Malen sei hierfür ein geeignetes Ausdrucksmittel. Angst, Trauer, Freude, Schrecken – derartige Gefühlslagen als bloße Vorgabe für ein Bild wären für die Kinder jedoch zu abstrakt: „Wo werden diese Gefühle zugespitzt und verkörpert?“, war unsere Überlegung, ergänzt Annette Klein. Märchenfiguren, eigene Erlebnisse oder auch Erfahrungen aus Fernsehsendungen bildeten dann die Grundlage, um Gefühle mit verschiedenen Themen konkret auszudrücken. Und das hat gut funktionert. Denn: Den jungen und Mädchen der Mal-Gruppe, von den viele große Schwierigkeiten haben, sich verbal auszudrücken, ist dies mit Pinsel und Farbe umso besser gelungen. Der sprichwörtlich ins Gesicht geschriebene Schrecken, ausgedrückt mit weit aufgerissenen Augen, den zum Beispiel die 8-jährige Nadine beim Thema „Ich blicke mit meinem Freund/meiner Freundin nach draußen" dargestellt hat, Freude beim Kindergeburtstag oder das Furcht einflößend, grimmig schauende Monster von Angela (9 Jahre), gehören zu den Motiven, die in Acryl entstanden sind. „Wir wollten weg vom Schulmalkasten und den stark festgelegten Bedingungen im Kunstunterricht“, betonte Seipp. Denn sonst wäre beispielsweise das Erlernen von Maltechniken, das Farbmischen oder auch Herausbilden von Kontrasten kaum möglich gewesen. Dabei erwiesen sich die jungen Künstler als erstaunlich diszipliniert. Die Sorge, der ganze Raum könnte nachher mit Farbe „verziert“ sein, erwies sich als unbegründet. „Die Kinder sind sehr behutsam und vorsichtig mit der Farbe umgegangen“, lobt Annette Klein. Seipp: "Erstaunlicher Abstraktionsgrad" Und nicht nur das. Wer das typische Klischee von Kinderbildern im Kopf hat, wird beim Betrachten der Ausstellung eines besseren belehrt: „Die Kinder haben zum Teil in ihren Bildern einen erstaunlichen Abstraktiongrad erreicht“, betont Ulrich Seipp. Dafür hätten sie viel Lob und Anerkennung verdient. Anerkennung gab es auch für den Maler, dem KiJuFaz-Leiter Andree Schmidt für sein Engagement im Rahmen eines kleinen Sektempfangs dankte. Als passendes Dankeschön durfte sich Seipp über Eintrittskarten für das Museum für Gegenwartskunst in Siegen freuen. Andree Schmidt kann sich jedenfalls eine Fortsetzung der Zusammenarbeit gut vorstellen: „Es hat uns allen großen Spaß gemacht.“

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