Heitere Notentänze im Friedenshort

Erstellt von Olaf N. Schwanke (Siegener Zeitung) |

Das Ensemble Concertino Stuttgart begeisterte Anfang August in der Friedenshortkirche

Freudenberg. Da hatte man im Friedenshort wieder eine gute Idee: Das Kammermusik-Ensemble Concertino Stuttgart war aufgrund eines persönlichen Kontakts ins Mutterhaus eingeladen worden, wo es sich ein paar Tage in Ruhe auf eine bevorstehende Tournee durch Dänemark vorbereiten konnte. Zum Dank präsentierte das neunköpfige Ensemble um Kirchenmusikdirektor und Komponist Jürgen Schwab ein heiter gestimmtes Sommerkonzert mit Werken von Johann Sebastian Bach, Edvard Grieg, Wolfgang Amadeus Mozart und, nicht zuletzt, mit einer vorzüglichen Eigenkomposition des Ensemblegründers und virtuosen Pianisten und Organisten Schwab.

Die Friedenshortkirche mit ihrer klaren Akustik war sehr gut besucht, das Ensemble außerordentlich spielfreudig und sommervergnügt, und so ging die ausgewogene Stimmung unter den Musikerinnen und Musikern bei ihrem Entree, dem fünften der sechs „Brandenburgischen Konzerte“ Johann Sebastian Bachs (BWV 1015), gleich ab dem ersten der drei Sätze auf das Publikum über. Denn das Allegro machte derart Eindruck, dass das Publikum, in Klassikkonzerten unüblich, schon direkt danach begeistert applaudierte. Festlich-weltlich weiter ging das Programm mit dem verspielten D-Dur-Quartett (KV 285) für Flöte, Violine, Viola und Violoncello von Mozart. Flott und mit einfühlsamer Emphase führte Lilo Rück ihren Violinbogen im Allegro, im Adagio flog die von Dorothee Wertz bezaubernd gespielte Flöte schmetterlingszart über ein Blütenmeer bunter Pizzikatos der Streicher, bevor schließlich das gut aufeinander hörende Quartett mit dem dritten Satz einen wahrlich sommerfrischen Rundtanz feierte. 

Griegs "Lyrische Stücke" in klanglich neuer Form

Edvard Griegs kleine „Lyrische Stücke“ hatte man so noch nicht gehört: Aufgrund plötzlich auftretender Klangprobleme mit dem Klavier entschlossen sich die Musiker und Musikerinnen von Concertino Stuttgart nur Stunden vor dem Konzert, den unverzichtbaren Klavierpart der beiden Kompositionen „Melodie“ und „Dank“ mit dem Cembalo zu besetzen. So klang der dunkle Romantiker Grieg plötzlich mit nie gehörter metallisch-hoher Klangfarbe, harmonierte auf fast moderne Weise kongenial mit der von Gershon Dembinsky viril interpretierten Klarinette, die namentlich das erste kleine Stück melodisch trug. Auch im „Dank“ spielte Elisabeth Wied-Schwab das Cembalo mit viel Einfühlungsvermögen für die romantische Literatur. 

Vier Sätze fulminanter Klezmer-Musik

Zum Abschluss des kurzweiligen Konzertes führte das komplette Ensemble eine synagogale Eigenkomposition auf: Angeregt durch den emotionalen Spielfilm „Zug des Lebens“ setzte Jürgen Schwab, seit 1976 an der Hospitalkirche Stuttgart tätig und mit seinen kammermusikalischen Aktivitäten in ganz Deutschland und darüber hinaus unterwegs, ein zeitgenössisches Concerto Grosso aus Klezmer- und traditioneller Musik der Sinti in Töne. Vier Sätze fulminanter Musik, und namentlich der letzte Satz, ein Nigun, ein immer schneller werdender chassidischer Tanz, fesselte so, dass das Publikum nicht mehr bloß mit den Füßen wippen, sondern am liebsten mit den Musikern mittanzen wollte.

[Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Siegener Zeitung, Kultur-Redaktion]

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