„Emotional wie Geschwister“

Erstellt von Klaus Peter Lücking |

Ehemalige aus den Kinderheimaten des Friedenshortes in Ostdeutschland trafen sich in Freudenberg.

Freudenberg. Was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff „Ehemalige“? Wer sind sie und was bewegte sie, nach Freudenberg zu fahren? Ausgangspunkt war das Jahr 2010. Ein vollbesetzter Bus ehemaliger Kinder aus den Kinderheimaten des Friedenshortes in Ostdeutschland besuchte den Ursprung des Werks in Miechowitz. Bei dieser Reise entstand die Idee, den Friedenshort in Freudenberg zu besuchen, den viele höchstens durch Erzählungen der Schwestern kannten. Und so trafen wir am 14. September 2012 in Freudenberg ein und staunten erstmal über das moderne Gebäude-Ensemble – im Vergleich zu der alten Abtei in Heiligengrabe mit dem „gruseligen“ Kreuzgang aus unseren Kindheitserinnerungen. Nach einem opulenten Abendessen gab es eine ausgiebige Vorstellungsrunde und es waren zum Teil spannende Erlebnisse zu hören, die sich um das Aufwachsen in den Kinderheimaten, Flucht und Vertreibung drehten. So berichtete zum Beispiel Waldemar von gleich zwei Fluchterlebnissen, zunächst aus der Ukraine nach Miechowitz und später dann nach Heiligengrabe. 

Mit Sr. Christine Killies und Sr. Erika Mayr unternahmen wir am zweiten Tag einen Rundgang über das Gelände, außerdem erführen wir viel über die heutige Arbeit in Wort und Bild. Es hat sich Vieles verändert, die Kinder und Jugendlichen sind heute aus anderen Gründen in Friedenshort-Einrichtungen wie damals, zum Beispiel, weil sie in ihrer Entwicklung gefährdet sind. Und die Namen der Wohngruppen haben sich zum Teil geändert, unsere Gruppen hießen damals „Weinstock“, „Tannenzweige“, „Alpenrosen“, „Mutters Freude“ und „Kornblumen“. Bei aller Veränderung war es für uns eine große Erleichterung zu erfahren: Die Zukunft des von Mutter Eva gegründeten Werkes ist gesichert! Nachmittags gab es eine interessante Exkursion zum Schloss in Bad Berleburg. Von 1947 bis 1957 war dies Zufluchtsort für die Friedenshort-Diakonissen und Kinder im Westen – dies war vielen aus unserer Gruppe gar nicht bekannt.

Lieder auch nach über 40 Jahren noch präsent

Den Abend verbrachten wir in gemütlicher Runde mit etlichen Schwestern. Zu unserer Freude waren einige dabei, die uns – zum Beispiel in Perleberg – selbst in Kinderheimaten betreut hatten. Geschichten wurden erzählt, Erinnerungen ausgetauscht und vor allem viele der alten Friedenshort-Lieder gesungen. Es ist erstaunlich, dass wir selbst manche Lieder zuletzt vor über 40 Jahren gesungen haben, diese aber immer noch im Langzeitgedächtnis präsent waren! Das Singen haben wir seinerzeit wirklich gelernt, zum Beispiel „Für den goldenen Sonnenschein…“ oder „Lobe den Herrn, nahe und fern…“ Noch bis in die tiefe Nacht hinein saßen wir Ehemaligen aus den jeweiligen Friedenshort-Familien noch in diversen Sitzecken zusammen. Irgendwie sind wir doch Geschwister – nicht im juristischen Sinn, aber emotional!

Der Sonntag stand zunächst im Zeichen des gemeinsamen Gottesdienstes. Es war bewegend, nach so vielen Jahren wieder gemeinsam zu singen und zu beten. Nachmittags genossen wir eine Fahrt auf dem Biggesee bei herrlichem Herbstwetter. Und am nächsten Tag hieß es dann Abschied zu nehmen – aber nicht für immer. Denn Sr. Christine ließ durchblicken, dass ein neues Treffen möglich erscheint. Dann natürlich wieder mit einem anderen Programm. Unser Dank gilt nun zum einen Sr. Annerose Seifert und Sr. Gundula Erben, die seit vielen Jahren den Kontakt zu den Ehemaligen aufrecht erhalten. Denn sonst wären solche Treffen gar nicht möglich! Wir hörten nämlich ein bisschen mit Verwunderung, dass es Ähnliches aus den westlichen früheren Kinderheimaten nicht gibt. Zum anderen ein besonderes Dankeschön an Sr. Christine und Sr. Erika. Beide haben sich rührend um uns gekümmert und ließen dieses Treffen Ehemaliger zu einem Erfolg werden.

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