Bundeskinderschutzgesetz im Fokus der Jahrestagung

Erstellt von Henning Siebel |

Die Leitenden Mitarbeitenden der Stiftung Diakonissenhaus Friedenshort und ihrer Tochtergesellschaften kamen auf Einladung der Region Nord in Jesteburg zusammen.

Tostedt/Jesteburg. Anforderungen des Bundeskinderschutzgesetzes an die Jugendhilfe – dies war ein Hauptaspekt der Jahrestagung für die leitenden Mitarbeitenden der Stiftung Diakonissenhaus Friedenshort und ihrer Tochtergesellschaften. Ein wichtiges Thema, zumal es vor dem Hintergrund des im Dezember 2011 in Kraft getretenen Bundeskinderschutzgesetzes dabei um Anforderungen wie Beteiligung und Qualitätsentwicklung geht, die der Gesetzgeber aktuell verlangt. Im Verlauf der Tagung wurde deutlich: Vieles ist schon auf den Weg gebracht worden – auch ohne das gesetzliche Einfordern. Zugleich gilt es aber, in manchen Bereichen noch ein gutes Stück Wegstrecke zu bestreiten.

Mit dem Grönemeyer-Song „Ein Stück vom Himmel“ hatte Leitender Theologe Pfr. Leonhard Gronbach zu Beginn seine Andacht und Begrüßung eingeleitet, verbunden mit dem Dank an die Organisatoren und diesjährigen Gastgeber der Region Nord. „Nach unserer Erfahrung ist ja die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen meist alles andere, als der Himmel auf Erden“, so Pfr. Gronbach mit Blick auf das Tagungsthema, welches ja eher sehr „erdverbunden“ sei. Pfr. Gronbach erinnerte an das Jesu-Wort „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen“. Dabei führte er den Kontext dieser Aussage vor Augen. Kinder hatten keinen hohen Stellenwert, waren machtlos und in der Gesellschaft niedrig angesiedelt: „Da war nichts in Sachen Kinderrechte oder einem Jugendparlament.“ Jesus habe mit dieser Aussage seinen Jüngern verdeutlicht, dass es nicht um Macht und Einfluss geht, um ins Himmelreich zu gelangen, sondern im Gegenteil um Niedrigkeit  und Dienst“, betonte Pfr. Gronbach: „Jesus Christus möchte zu gelingendem Leben verhelfen, das vor Selbstüberschätzung bewahrt bleibt.“

Auch heute, im Kontext der Jugendhilfearbeit, gebe es Dinge, die Mitarbeitende von Kindern lernen könnten: „Kinder können vertrauen, sie können etwas erwarten und auch ganz unbeschwert empfangen.“ Für uns als Erwachsene mit Anspruchsdenken und vielleicht manchen durchlebten Enttäuschungen gelte es, Gottes Einladung wieder neu anzunehmen, ihn als vertrauensvollen Vater zu sehen: „Wir sind eingeladen zur Kehrtwende ins Himmelreich, das dort beginnt, wo wir im Namen des Nazareners seine Taten leben und auch tun. Dann kann Himmel auf Erden werden.“

Prävention und Netzwerkstrukturen

Ins Tagungsthema führte Regionalleiter Ronald Mann ein, indem er wesentliche Auswirkungen des neuen Bundeskinderschutzgesetzes auf die Jugendhilfearbeit verdeutlichte. Im ersten Artikel liege der Fokus auf der Prävention und dabei vor allem auf frühe Hilfen, die bereits für werdende Mütter und Väter gelten. Darüber hinaus sehe Artikel 1 vor, verbindliche Netzwerkstrukturen öffentlicher und freier Träger der Jugendhilfe für den Kinderschutz zu etablieren. Artikel 2 umfasse dann etliche Änderungen im Sozialgesetzbuch VIII, welches die Grundlage für die Jugendhilfe bilde. Hierzu gehöre unter anderem, dass die Träger der Jugendhilfe geeignete Verfahren zu Beteiligung für die betreuten Kinder und Jugendlichen vorhalten müssten. „Wie das im Detail aussehen soll, ist gesetzlich nicht festgelegt, insofern fehlt noch ein Stück Handlungssicherheit“, so Ronald Mann. Allerdings gebe es hierfür einen gesetzlichen Beratungsanspruch gegenüber den Jugendämtern. Aussagen zu struktureller Beteiligung müssten sich zudem in den Leistungsbeschreibungen widerspiegeln. „Außerdem müssen unsere Konzeptionen zukünftig auch Aussagen zur Qualitätsentwicklung umfassen“, verdeutlichte Ronald Mann. Für wichtig erachtet er, die Mitarbeitenden mit Blick auf die Mitwirkungsrechte der Kinder und Jugendlichen zu schulen sowie die eigene Rolle in den neu entstehenden Netzwerkstrukturen zu finden. 

Landkreis versteht die freien Träger als Partner

Ein gelungenes Beispiel für eine bereits bestehende Vernetzung erläuterte Barbara Stiels, Abteilungsleiterin Jugend und Familie des Landkreises Harburg. Sie referierte über die bestehende Partizipation der freien Träger mit dem Jugendamt Harburg. Hierbei wurde deutlich: Der Landkreis versteht die freien Träger als Partner und möchte auch selbst als ein solcher wahrgenommen werden. Eine wichtige Säule bildet dabei ein 2004 vorgestelltes Qualitätshandbuch, das in einem mehrjährigen Prozess gemeinsam von Landkreis und freien Jugendhilfeträgern entwickelt wurde und Vereinbarungen über Ergebnis-, Prozess- und Strukturqualität von Jugendhilfe beinhaltet. Weitere Aspekte des Vortrags umfassten verschiedene Modellprojekte, die gemeinsam mit den Jugendhilfeträgern entwickelt wurden und werden. Zur Koordination des Netzwerks ist eigens eine Kontaktstelle im Landkreis eingerichtet worden. Außerdem wurde eine Lenkungsgruppe installiert. „Aktuell steht das Thema Beschwerdemanagement an, und zwar unter inklusiven Gesichtspunkten“, erläuterte Barbara Stiels. Hierzu soll gewissermaßen ein gemeinsames Dach entwickelt werden, unter dem sich alle Träger jeweils mit ihrer eigenen Haltung wiederfinden können.

Mit Impulsvorträgen und kleinen Ausstellungen informierten am Folgetag dann die Regionen der Evang. Jugendhilfe Friedenshort GmbH über etablierte bzw. im Aufbau befindliche Strukturen zur Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen. Einrichtungsleiter Ekkehard Voppel stellte vor, wie die UN-Kinderrechte in der Einrichtung Tostedt etabliert werden (vgl. Berichte in früheren Ausgaben). Die jeweiligen Kinder- und Jugendparlamente in der Region Süd sowie der Einrichtung Northeim stellten Carmen Louis und Ewald Zauner vor. Über Partizipation in der stationären Jugendhilfe für die Einrichtungen Freudenberg/Siegen/Altenkirchen referierte Bereichsleiter Frank Becker. Hierzu gehört unter anderem, dass Gruppensprecher in den einzelnen Wohngruppen eingerichtet wurde und eine Kollegin mit der neuen Funktion einer Kinder- und Jugendbeauftragten betraut wurde. Als Orientierungshilfe für korrektes bzw. inkorrektes Verhalten gegenüber den betreuten Kindern und Jugendlichen ist in verschiedenen Workshops in Gemeinschaftsarbeit der Prototyp eines Ampel-Plakats entstanden. 

Ehrungen


Traditionell gehört der 3. Tag einer Tagung leitender Mitarbeiter den Berichten aus den Regionen, der Geschäftsführung und Schwesternschaft. Diesmal bot er auch den Rahmen für Ehrungen bzw. Verabschiedungen. Mit dem nur sehr selten verliehenen goldenen Friedenshortstern zeichneten Oberin Sr. Christine Killies und Pfr. Leonhard Gronbach den in den Ruhestand wechselten Regionalleiter Ronald Mann aus (siehe weiteren Bericht in diesem Heft). Ebenfalls aus dem Kreis der Leitenden Mitarbeitenden wurden Distriktleiter Steffen Fiedler (Region Süd) und TWH-Einrichtungsleiterin Dorothea Brill-Kurzweg verabschiedet, die demnächst in die passive Phase ihrer Altersteilzeit wechseln. Den silbernen Friedenshortstern für 25-jährige Dienstzugehörigkeit erhielten Gudrun Langer (Einrichtungsleitung Hamburg), Ekkehard Voppel (Einrichtungsleitung Tostedt) sowie Jürgen Grajer (Regionalleitung Süd).

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