25 Jahre Hilfe für suchtgefährdete und suchtkranke Menschen

Erstellt von Henning Siebel |

Beratungsstelle des Hohenlohekreises bietet breites Spektrum an Angeboten der Unterstützung und Rehabilitation.

Öhringen. Hinter einem langen Titel verbirgt sich eine sehr wichtige Form der Hilfe. Vor 25 Jahren nahm die „Psychosoziale Beratungs- und ambulante Behandlungsstelle für Suchtgefährdete und Suchtkranke im Hohenlohekreis“ (kurz PSB) ihre Arbeit auf. Geleistet wird die Beratung von der Evangelischen Jugendhilfe Friedenshort GmbH in Kooperation mit dem Hohenlohekreis sowie den ev. Kirchenbezirken Öhringen, Künzelsau und Weinsberg. Mit einer abendlichen Jubiläumsfeier am 15. März 2012 wurde dieser Anlass gewürdigt. Beratungsstellenleiterin Hedwig Kuhn stand bereits im Vorfeld für ein Gespräch zur Verfügung.

„Unsere Beratungsstelle war die letzte Einrichtung, die im Zuge des Schwerpunktprogramms der Landesregierung zur flächendeckenden Versorgung Suchtkranker im Land eingerichtet wurde“, sagt Hedwig Kuhn. Zuvor hatte es seitens der Politik die Empfehlung gegeben, in jedem Landkreis Baden-Württembergs derartige Beratungsstellen vorzuhalten. Suchtberatung im Hohenlohekreis war zuvor eher notdürftig durch die PSB in Schwäbisch Hall mit übernommen worden, außerdem gab es Suchtberatung durch die Diakonischen Bezirksstellen und mit Gangolf Zeller eine Honorarkraft des Landkreises. Da die Evangelische Jugendhilfe Friedenshort GmbH über die nötige Infrastruktur verfügte und mit ihrer Erziehungsberatungsstelle schon etabliert war, wurde die PSB auf dem Cappelrain in Öhringen eingerichtet.

Was unterscheidet nun Suchtgefährdung von Suchterkrankung, so wie es in der Bezeichnung der PSB vorgenommen wurde? „Suchtgefährdet ist jemand, der wiederholt zum Beispiel Alkohol konsumiert, weil er nur auf diese Weise etwa abspannen oder abschalten kann“, erläutert Hedwig Kuhn. Man spreche daher auch von „riskantem Konsum“. Für eine Suchterkrankung gebe es klare Diagnose-Kriterien nach WHO-Standard, was zum Beispiel die Häufigkeit des Konsums oder den Verlust der Kontrollfähigkeit betreffe.

Drogenprobleme haben zugenommen

„Die Beratungsanlässe haben sich in den 25 Jahren schon etwas verändert“, berichtet Hedwig Kuhn. Mit rund 80 Prozent waren Alkoholprobleme seinerzeit der hauptsächliche Beratungsanlass. Daneben machten Medikamentenabhängigkeit mit sieben Prozent und illegale Drogen mit fünf bis zehn Prozent in deutlich geringerem Umfang die Beratungstätigkeit aus. „Der Anteil der Ratsuchenden mit Drogenproblemen ist seitdem stark angestiegen und liegt heute bei rund 45 Prozent“, erläutert die Beratungsstellenleiterin. Demgegenüber sind die anderen Beratungsanlässe etwas in den Hintergrund gerückt. Die meisten Klienten, nämlich laut aktueller Statistik rund 35 Prozent, kommen aus eigenem Antrieb, 15 bis 20 Prozent durch ärztliche Vermittlung, wobei es sich überwiegend um substituierte Drogenabhängige handelt. Nicht verändert von damals zu heute hat sich das Verhältnis von männlichen gegenüber weiblichen Klienten und liegt bei 3:1. Allerdings hat sich die Altersstruktur verschoben. Es gibt deutlich mehr jüngere Ratsuchende unter 27 Jahren. Dies ist vor allem auf die steigende Zahl der Drogenklienten zurückzuführen. Insgesamt gab es im letzten Jahr für die PSB 556 Beratungsanlässe. „Ausgangspunkt sind oft die Angehörigen, die sich melden und eine eigene Beratung in Anspruch nehmen und über diesen Kontakt den Zugang für den Betroffenen anbahnen“, so Hedwig Kuhn.  

Die Arbeit des siebenköpfigen PSB-Teams lässt sich in die Schwerpunkte „Beratung“ und „ambulante Rehabilitation“ gliedern. Wobei Beratung etliche unterschiedliche Elemente umfasst, neben Information auch die Motivation, Vermittlung, Indikation und Diagnose. Die beiden Konsiliarärzte, die der PSB regelmäßig zur Verfügung stehen, begleiten und verantworten die ambulante Therapie durch regelmäßige Fallbesprechungen, Patientenvorstellungen und in der Arztinformationsgruppe. In dieser Runde können die Klienten alle relevanten Fragen loswerden. 

Die ambulante Rehabilitation ist eine der möglichen Behandlungsmodule einer Suchtbehandlung. Hedwig Kuhn: „Vorteil dieser Behandlungsform ist, dass wir die Klienten in ihrem Alltag begleiten können. Das familiäre Umfeld kann mit einbezogen werden.“ Außerdem gehöre dazu, eine positive Freizeitgestaltung zu fördern und die Weiterbeschäftigung während der Therapie zu unterstützen. Bei Bedarf wird vor die ambulante Behandlung ein stationärer Aufenthalt vorgeschaltet. Das ist vor allem dann notwendig, wenn ein Klient den Abstand zum Suchtmittel und zum belasteten Alltag benötigt. „Nach Stabilisierung bzw. abgeschlossener Behandlung vermitteln wir die Klienten möglichst weiter in eine der 20 Selbsthilfegruppen“, erläutert Hedwig Kuhn.

Familien mit suchtkrankem Elternteil im Blick

Zu den jüngeren Aufgabenstellungen der PSB gehört, verstärkt Familien mit suchtkrankem Elternteil in den Blick zu nehmen. Hierbei macht sich der enge Kontakt zur Erziehungsberatungsstelle als deutlicher Vorteil bemerkbar. Denn man ist nicht nur unter einem Dach vereint, beide Beratungsstellen leitet Hedwig Kuhn in Personalunion. „Durch die Etablierung der so genannten „Frühen Hilfen“ für Familien mit Kindern bis zu sechs Jahren, können wir gezielt und unkompliziert Familienbegleiterinnen dorthin vermitteln“, so Hedwig Kuhn. Wichtig sei, sich Gewissheit verschaffen zu können, dass die Kinder in diesen Familien adäquat versorgt werden.

Wird sich die Suchtberatung weiter verändern? „Ich denke, wir werden es zukünftig verstärkt mit Online-Sucht zu tun bekommen“, sagt Hedwig Kuhn. Das Team hat sich jüngst auf einem Fachtag mit dieser Thematik auseinandergesetzt, es gibt auch schon vereinzelt Klienten in diesem Bereich. Die Auswirkungen von Online-Sucht würden deutlich über soziale Isolation hinausgehen. Denn Bewegungsmangel, Schlafentzug oder einseitige Ernährung lösten mithin auch organische Störungen aus.

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