Projekt zur NS-Zeit in Siegen bei FILoU: Jugendliche mit schwierigem Thema erreicht

Erstellt von Henning Siebel |

Gemeinsam mit dem Aktiven Museum Südwestfalen gab es in einem dreiwöchigen Zeitraum eine intensive Beschäftigung mit diesem Thema.

Siegen. Es war ein gewisses Wagnis, aber in der Rückschau steht für die Mitarbeitenden fest, dass es sich gelohnt hat. Ende letzten Jahres haben sich die Kinder und Jugendlichen von FILoU, einer Einrichtung der Evang Jugendhilfe Friedenshort GmbH in Siegen, intensiv mit der Zeit des Nationalsozialismus ihres Heimatortes auseinandergesetzt. „Wir haben im Gruppenalltag festgestellt, dass erhebliche Defizite beim Grundwissen über diese Zeit bestehen“, sagt Jochen Rothenpieler, einer der pädagogischen Mitarbeitenden bei FILoU. Mit dadurch bedingt, sei zum Beispiel von einigen Jugendlichen die Bezeichnung „Jude“ als Schimpfwort benutzt worden, ohne weiter darüber nachzudenken. Die Mitarbeitenden nahmen Kontakt zum „Aktiven Museum Südwestfalen“ am Siegener Obergraben auf. Dieses hatte anlässlich seines 15-jährigen Bestehens eine Einführungveranstaltung zum Thema „Nationalsozialismus und Judenverfolgung im Siegerland“ entwickelt, die vor allem für Schulklassen konzipiert war. 

„Für uns stand fest, dass wir uns nachhaltig und längerfristig mit dem Thema auseinandersetzten wollten“, betont FIloU-Gruppenleiterin Sabrina Bauckhage. Mit Stefan Kummer, Student an der Uni Siegen und ehrenamtlicher Mitarbeiter im Aktiven Museum, wurde daher ein Konzept speziell für FILoU entwickelt. Das unterschiedliche Alter der Kinder und Jugendlichen und die Schulbildung galt es dabei zu berücksichtigen. Auch die Eltern waren im Vorfeld eingebunden und wurden befragt, ob es Vorbehalte gebe, dass sich ihre Kinder mit diesem Thema so intensiv auseinandersetzen. Aber dies war durchweg nicht der Fall. 

Dreiwöchiges Projekt mit vier Bausteinen

Das gemeinsame Projekt hatte dann vier Bausteine und war über einen Zeitraum von drei Wochen angelegt. Ein Einführungsvortrag, eine Führung durch das Aktive Museum, ein „alternativer Stadtrundgang“, bei dem zum Beispiel einige der Siegener „Stolpersteine“ erklärt wurden und ein Besuch des jüdischen Friedhofs gehörten dazu. „Es war toll, wie Stefan Kummer sich auf unsere Kinder und Jugendlichen eingelassen hat“, lobt Sabrina Bauckhage. Dabei war es für die Mitarbeitenden durchaus gewollt, neben notwendiger Information auch eine Betroffenheit auszulösen. „Das gelingt ja ganz anders, wenn man vor Ort ist, als sich nur Fotos in Büchern anzuschauen“, sagt Jochen Rothenpieler. So habe zum Beispiel beim Besuch des jüdischen Friedhofs eine sehr ernste Stimmung geherrscht, niemand sei unpassend „aus der Reihe getanzt“. 

Das Fazit der Mitarbeitenden ist positiv. „Unser grundsätzliches Ziel war, die Jugendlichen zu sensibilisieren, sie überhaupt mit diesem Thema zu erreichen“, erläutert Sabrina Bauckhage. Dies sei gelungen. Die einschlägigen Schimpfworte seien seitdem jedenfalls nicht mehr aufgetaucht. Und die beiden Jugendlichen Robert und Timo, die zum Interviewtermin dazu stoßen, bekunden deutlich, dass dieses Projekt Eindruck hinterlassen hat. „Als ich die ganzen Gräber gesehen habe, konnte ich mir eher vorstellen, was damals passiert ist“, sagt Robert. Und Timo fand es „heftig, dass die einfach die Synagoge abgefackelt haben“. Für Mitarbeiter Jochen Rothenpieler ist es gut vorstellbar, dieses Projekt noch einmal zu wiederholen: „Die Gruppenzusammensetzung ändert sich ja oft, es kommen wieder neue Jugendliche zu uns und auch wir selbst haben noch viel Neues über die NS-Zeit in Siegen erfahren.“ 

Zu FILoU

Die Gruppe FILoU in Siegen gibt es seit rund zehn Jahren. Der Name steht dabei nicht nur für einen pfiffigen „Schlaukopf“, dem Erkennungszeichen der Gruppe, sondern ist die Abkürzung für „Flexible Individuelle Lebenswelt orientierte Unterstützung“. FILoU verknüpft sozialpädagogische Gruppenarbeit mit ambulanter Erziehungshilfe. Betreut werden Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren jeweils nach der Schule. Hausaufgabenhilfe, gemeinsame Aktivitäten, aber auch persönliche Beratung und Betreuung umfassen das Angebot. An der Themenauswahl wirken die Jugendlichen mit. Sexualität oder Drogenproblematik gehören genauso dazu wie Technik, Erste Hilfe und Sport. Hinzu kommt als weiteres, wichtiges Element die aktive Elternarbeit.

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