Information statt Tabu: Friedenshort-Fachtag zum Thema „Kinder psychisch erkrankter Eltern“

Erstellt von Henning Siebel |

Rund 130 Interessierte waren der Einladung der Evang. Jugendhilfe Friedenshort GmbH gefolgt und diskutierten Möglichkeiten und Grenzen in der Arbeit mit betroffenen Familien.

Freudenberg. Welche Auswirkungen hat eine psychische Erkrankung der Eltern auf die eigenen Kinder? Welche Probleme ergeben sich in diesen Familien und wie können Ansätze für Hilfen aussehen? Dies waren einige der Fragen die am 13. April bei einem Fachtag der Evangelischen Jugendhilfe Friedenshort GmbH in Freudenberg diskutiert wurden. „Kinder psychisch erkrankter Eltern – Möglichkeiten und Grenzen in der Arbeit mit betroffenen Familien“ lautete das Thema, zu dem nicht nur eigene Mitarbeitende geladen waren. Unter den rund 130 Teilnehmenden waren auch Mitarbeitende der Sozial- und Jugendämter aus dem Kreisgebiet und dem Märkischen Kreis sowie Mitarbeitende weiterer Jugendhilfeträger.

„Rund drei Millionen Kinder in Deutschland erleben pro Jahr eine psychische Erkrankung ihrer Eltern“, beschrieb Prof. Albert Lenz die Ausgangslage und verdeutlichte, dass es sich beim Thema nicht um eine Randerscheinung handelt. Der Referent, Professor für Klinische Psychologie und Sozialpsychologie an der Kath. Hochschule NRW (Paderborn) stellte sowohl aktuelle Forschungsergebnisse zum Thema vor, als auch das von ihm und seinem Mitarbeiterteam entwickelte sowie vom NRW-Sozialministerium unterstützte Programm „Ressourcen fördern“, in dem es um konkrete Hilfsansätze geht. „Rund 70 Prozent der Kinder psychisch erkrankter Eltern erleiden später selbst eine solche Erkrankung“, so Prof. Lenz zu einer der überaus folgenstarken Auswirkungen. Zwar werde eine psychische Erkrankung nicht vererbt, aus genetischer Sicht seien diese Kinder aber oft anfälliger für eine psychische Erkrankung, wenn andere Faktoren dazu kämen.

"Eltern-Kind-Beziehung ist gestört"

„Die Eltern-Kind-Beziehung in diesen Familien ist gestört“, erläuterte Prof. Lenz. Dem erkrankten Elternteil fehle es an notwendiger Empathie und Feinfühligkeit für die Belange der Kinder. Zudem würden die Kinder – zu Unrecht – als besonders schwierig erlebt, was dann den Umgang mit ihnen widerspiegele. Belastend für die Familien sei auch eine zweifache Tabuisierung. Prof. Lenz: „Innerhalb der Familien wird das Thema meist ausgegrenzt und nicht besprochen, dies kann soweit gehen, dass Kindern der wahre Grund für einen Klinikaufenthalt des Vaters oder der Mutter nicht genannt wird. Hinzu kommt die gesellschaftliche Tabuisierung, es existieren Stigmatisierungsängste, wie das Umfeld auf die Erkrankung reagiert.“

Wie können Hilfen aussehen? Entscheidend sei laut Prof. Lenz, wie die Familie es lernt, offen mit diesen Belastungen umzugehen. Zentraler Schutzfaktor sei eine altersadäquate und entwicklungsabhängige Information und Aufklärung der Kinder über die Erkrankung und Behandlung des betroffenen Elternteils. „Ziel ist, Kinder durch Wissen zu befähigen, mit dieser familiären Situation besser umgehen zu können“, betonte Prof. Lenz. Hierfür gebe es allerdings keinen Standard. Lenz nannte eine Reihe von Bewältigungsstrategien, an erster Stelle die soziale Unterstützung: „Kinder brauchen auf jeden Fall jemanden, bei dem sie sich aussprechen können.“ Weil Kinder das Problem, also die Erkrankung der Eltern, nicht aktiv lösen könnten, gelte für sie eher „emotionsregulierende Strategien“ anzuwenden: „Etwas Schönes für sich selbst zu tun, Positives zu erleben und sich gewissermaßen ablenken zu können, ist für Kinder wichtig.“

Thema soll weiter verfolgt werden

Die Diskussionsrunde im Anschluss wurde von Horst Föst moderiert, stellv. Regionalleiter (Region West) der Evangelischen Jugendhilfe Friedenshort GmbH. Deutlich wurde, dass eine ganze Reihe von eigenen Erfahrungen existieren, die sich mit den Forschungsergebnissen von Prof. Lenz decken. Einig waren sich die Teilnehmenden darin, am Thema dran zu bleiben. Daher wurde verabredet sich erneut hierzu in kleinerer Runde zu treffen.

Links

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<link fileadmin bilder aktuelles west vortrag_prof_lenz.pdf download file>Initiates file downloadVortrag Prof. Albert Lenz (Power-Point-Folien als pdf)

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