100 Jahre sozial-diakonische Arbeit in Berlin: Tiele-Winckler-Haus GmbH feierte Jubiläum

Erstellt von Henning Siebel |

Rund 350 Gäste gedachten zudem der runden Geburtstage der Einrichtungen Mozartstr. 21/22 (20 Jahre) und Weißensee (10 Jahre).

Berlin. Vor 100 Jahren begannen in Berlin vier Friedenshort-Diakonissen, sich in einer „Zufluchtsstätte“ um sozial benachteiligte Frauen zu kümmern. Aus diesen Anfängen entstand die mittlerweile in der Behindertenhilfe sozial-diakonisch tätige Tiele-Winckler-Haus GmbH, die am 29. September 2011 im Rahmen einer Jubiläumsfeier ihrem Ursprung gedachte. Ein mit Bedacht gewähltes Datum, denn am 29. September 1890 begann Namensgeberin Eva von Tiele-Winckler mit ihrer sozial-diakonischen Arbeit in Miechowitz/Oberschlesien, exakt zwei Jahre später gründete sie die Friedenshort-Schwesternschaft.

Die rund 350 Gäste, darunter viele Bewohnerinnen und Bewohner mit ihren Angehörigen, feierten in der „Kalkscheune“ in Berlin-Mitte außerdem die runden Geburtstage der Wohneinrichtungen für Menschen mit geistiger Behinderung in Berlin-Lichtenrade (20 Jahre) und Berlin-Weißensee (10 Jahre). Zu den Jubiläumsgästen gehörten auch der Bundesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen Hubert Hüppe sowie seine Pendants des Landes Berlin und des Bezirks Hellersdorf-Marzahn Dr. Jürgen Schneider und Matthias Flender. Vertreter verschiedener Bezirksverwaltungen, der Diakonie und die Geschäftsführung des Tiele-Winckler-Hauses mit Pfr. Leonhard Gronbach und Oberin Sr. Christine Killies sowie Pfr. Markus Holmer als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung waren ebenfalls anwesend.

"Wer nur nach dem Nutzen fragt, ist bereit Menschen zu übersehen"

In seiner Ansprache erinnerte Leitender Theologe Pfr. Leonhard Gronbach noch einmal an den Werdegang der Arbeit und an deren Wurzeln in Person von Gründerin Eva von Tiele-Winckler. „Es ist die Kraft des diakonischen Impulses, die uns trägt und uns in den Dienst an unsere Mitmenschen ruft“, so Pfr. Gronbach. Als Jubiläumswort diente Pfr. Gronbach Matthäus 25, 40: „Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Überall dort, wo in der Welt Menschen übersehen, missachtet oder abgelehnt würden, seien Christen gefordert, betonte Pfr. Gronbach. Dabei dürfe nicht die Frage nach dem Nutzen im Vordergrund stehen: „Wer nur nach dem Nutzen fragt, ist bereit, Menschen zu übersehen.“ Diesen Gedanken griff auch Hubert Hüppe auf, der Moderator Dr. Thomas Schneider, Pressesprecher des Bundesverbands evangelische Behindertenhilfe, Rede und Antwort stand. „Am Tiele-Winckler-Haus gefällt mir, dass immer die dem Werk anvertrauten Menschen im Mittelpunkt stehen“, so der Bundesbeauftragte. Als Hauptanliegen seiner Tätigkeit erachtet Hüppe, gemeinsame Lebenswelten zu schaffen. Es gelte Menschen mit Behinderungen so anzunehmen wie sie sind. Dem Tiele-Winckler-Haus wünschte Hüppe den Weg der Inklusion weiter zu beschreiten.

Begeisterter Applaus für die "Musiktheater-Performance"

„Im Rahmen des Möglichen“ – so war eine „Musiktheater-Performance“ überschrieben, in der Menschen mit geistiger Behinderung aus Einrichtungen des Tiele-Winckler-Hauses szenisch darstellten, was sie bewegt, was sie für Wünsche und Träume haben. Dabei beeindruckte, wie diszipliniert und engagiert die Darsteller unter der Regie von Rhythmikerin Marieke Rügert auf der Bühne agierten. Lang anhaltender Applaus war der verdiente Lohn am Ende der rund einstündigen Vorstellung, deren Idee die Kunst- und Musiktherapeuten Oliver Teuscher und Peter Renkl entwickelt hatten. Beide schrieben auch die begleitenden Lieder. Nach diesem Auftakt zum Nachmittagsprogramm bestand Gelegenheit, in den verschiedenen Räumen unterschiedliche Angebote wahrzunehmen. Das mobile Atelier von Kunsttherapeut Frauke Schärff und Gerald Auler lud zu kreativem Tun ein.

Im Abendprogramm ging es durchweg rhythmisch zu. Die Trommler-Gruppe aus verschiedenen Einrichtungen des Tiele-Winckler-Hauses in Lichtenrade ließ mit Mitarbeiter Norbert Forcher die Trommeln gehörig wirbeln. Begeisterten Applaus ernteten im Anschluss auch die Bauchtänzerinnen rund um Mitarbeiterin Daniela Frick.
Einen Namen hat sich in Berlin inzwischen "Handiclapped" gemacht, ein Verein, der sich barrierefreie Kultur auf die Fahnen geschrieben hat. Die "Handiclapped-Band" entstand 2009. Hier musizieren Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam. Und auch für das Jubiläumsfest war man als weiterer Höhepunkt mit einem Auftritt dabei.

Buch "Menschen im Tiele-Winckler-Haus" vorgestellt

Beim Jubiläumsfest bestand aber auch Gelegenheit, sich anschaulich über die Arbeit des Tiele-Winckler-Hauses zu informieren. Im Ausstellungsraum informierten großformatige Displays über Projekte und Selbstverständnis. Außerdem konnte in druckfrischen Exemplaren des neuen Buches „Menschen im Tiele-Winckler-Haus“ geblättert werden. In dem von der Berliner Künstlerin Kitty Kahane illustrierten Band erzählen Menschen mit geistiger Behinderung über ihr Leben. Wer wollte, konnte in einer gemütlichen Lounge, Filmbeiträge über verschiedene Projekte aus den letzten Jahren anschauen.

Ehrungen

Die Jubiläumsveranstaltung bot außerdem den passenden Rahmen für Ehrungen, die Oberin Sr. Christine Killies und Leitender Theologe Pfr. Leonhard Gronbach vornahmen. Mit dem Silbernen Friedenshortstern wurden geehrt: Wolfgang Buschbeck für über 40-jährige Tätigkeit im Friedenshort in Heiligengrabe, Regina und Peter Meisel für über 25- bzw. 30-jährige Tätigkeit für das Gästehaus in Mehltheuer und den Friedenshort in Heiligengrabe, Karin Schulze als Gründungsmitglied für ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement im Förderverein des Tiele-Winckler-Hauses.

Info: Die sozial-diakonische Tiele-Winckler-Haus GmbH ist eine Tochtergesellschaft der Stiftung Diakonissenhaus Friedenshort mit Sitz in Freudenberg (Westfalen). An derzeit zehn Standorten in Berlin werden Wohn- und Betreuungsformen für Menschen mit geistiger Behinderung angeboten. Orientiert am christlichen Menschenbild, gestaltet die Tiele-Winckler-Haus GmbH ihren diakonischen Auftrag mit dem Ziel, Menschen mit geistiger Behinderung ein selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen.

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