Freudenberg/Polen. Vielfältige Eindrücke, herzliche Begegnungen und ein gutes Miteinander – diese Mixtur kann als Fazit über der Informations- und Besuchsreise nach Polen von Mitte September stehen. Anlass war eine Einladung an den Friedenshort zum 100-jährigen Bestehen des Diakonissenmutterhauses Eben-Ezer in Dziegielow, zu dem eine langjährige freundschaftliche Verbindung besteht. Die Einladung war zugleich eine willkommene Gelegenheit zu einem Besuch in Miechowice, dem Ursprungsort des Friedenshortes und der dortigen evangelisch-augsburgischen Gemeinde, die auf dem ehemaligen Friedenshort-Gelände zuhause ist.
Sieben Diakonissen einschließlich Oberin Sr. Christine Killies, Vorständin und Leitende Theologin Pfrn. Ute Riegas-Chaikowski sowie drei Mitarbeitende aus der Gesamtverwaltung bildeten die 11-köpfige Delegation. Erste Station war Miechowice (nach einer Zwischenübernachtung in Dresden). Was die nur 130 Mitglieder zählende Kirchengemeinde um Pastor Jan Kurko dort leistet, verdient allergrößten Respekt. Die noch erhaltenen historischen Friedenshort-Gebäude sind nach umfangreicher Sanierung und Renovierung in einem hervorragenden Zustand. Mit Beharrlichkeit konnten Gelder aus einem Entschädigungsfonds für Bergbauschäden und teils auch EU-Mittel generiert werden. Nach der herzlichen Begrüßung stand eine Filmpremiere im Haus Zionsstille auf dem Programm. Die seit über einem Jahr laufenden Hilfen für ukrainische Flüchtlinge waren filmisch zusammengefasst worden – bewegte und bewegende Bilder, da Flüchtlinge auch selbst zu Wort kamen und die Premiere mit verfolgten. „Wir haben Haus Zionsstille mit Unterstützung vom lutherischen Weltbund zu einem Begegnungszentrum entwickelt“, erläuterte Pastor Jan Kurko. Für aus der Ukraine geflüchtete Menschen jeden Alters und Einheimische gibt es regelmäßige Angebote: von Spiel und Sport, Yoga bis hin zu Kreativem oder Handarbeiten. Menschen, die heimatlos geworden sind, wieder eine Heimat zu geben, das ist ein Gedanke, der sicherlich auch im Sinne von Mutter Eva gewesen wäre …
Morgenandacht an einem besonderen Ort
Mit einer Morgenandacht in der kleinen Kapelle im Haus Friedenshort startete der Folgetag. „Jesu, geh voran, auf der Lebensbahn“ wurde angestimmt. Ein Lied, das schon zu Mutter Evas Zeiten dort erklang. Für die Gäste aus Deutschland schon ein besonderer Moment, nun an dem Ort zu sitzen, an dem die Geschichte des Friedenshortes begann. Wie die übrigen Gebäude ist Haus Friedenshort zu einem Schmuckstück geworden, beherbergt unterschiedliche Räume für Gruppenarbeit und andere Begegnungsmöglichkeiten. Hier fand auch die überaus großzügige Bewirtung statt. Aus der Ukraine geflüchtete Frauen stellten ihre Kochkünste dabei deutlich unter Beweis: leckeren Borschtsch und Piroggen (unterschiedlich gefüllte Teigtaschen) gab es mittags. Und abends warteten Salate in allerei Varianten, Gebratenes und Würstchen auf die Gäste. Das große Lob hatte sich das Kochteam mehr als verdient.
Das kleinste Gebäude auf dem alten Friedenshort-Gelände ist vermutlich das mit der größten Atmosphäre und dem „Geist“ der damaligen Zeit: Mutter Evas Häuschen. Ewelina Kuna als jetzige Leiterin des Mutter-Eva-Museums und ihre Vorgängerin Anna Seemann-Majorek, die intensiv zu Mutter Eva geforscht hat (vgl. Bericht im letzten Magazin), führten durch die liebevoll ausgestalteten Räume. Sehr viele Originalgegenstände und Bücher gibt es zu bewundern. Ein Zimmer ist als Behandlungsraum eingerichtet worden, da Mutter Eva durch ihre Ausbildung in der Krankenpflege in Bethel auch ärztliche Tätigkeiten verrichtete. Das Häuschen ist aber nicht nur ein Ort der Vergangenheit, sondern auch der Gegenwart und der Begegnung. Ewelina Kuna fördert besonders den kreativen Austausch und hat regelmäßig Kinder- und Jugendgruppen zum künstlerischen Miteinander zu Besuch.
Ein Ort für kulturelle Begegnungen ist auch das teilrestaurierte Schloss Miechowice geworden, seinerzeit Stammsitz der Familie von Tiele-Winckler und nur ca. 500 Meter vom Friedenshort-Gelände entfernt. Der Ostturm wurde wiederhergestellt und bietet die Möglichkeit für Ausstellungen, Lesungen und kleine Konzerte. Auch hierhin führte der informative Rundgang, ebenso zur katholischen Kirche, die Mutter Evas Mutter erbauen ließ. Auch die Krypta stand zur Besichtigung zur Verfügung. Mit einem großen Dank für die Vorbereitung, die Begegnungen und die so großzügige Bewirtung verabschiedete sich die Delegation, um am nächsten Tag Richtung Dziegielow weiterzureisen.
Konzert und Festgottesdienst zum Mutterhaus-Jubiläum
Die zweitägigen Feierlichkeiten anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Diakonissenmutterhauses Eben-Ezer verteilten sich auf die Orte Cieszyn und Dziegielow. Auftakt war ein stimmungsvolles Chorkonzert mit Unterstützung eines Klassikensembles in der Jesus-Kirche in Ciesyn und anschließendem Empfang mit Abendessen. Am Sonntag schloss sich der Dankgottesdienst in der zum Mutterhaus gehörenden Kirche in Dziegielow an, zu dem zahlreiche Gäste angereist waren, so dass eine Übertragung nach draußen nötig war. Zuvor war Gelegenheit zu einem Rundgang über das Gelände. Überaus groß war die Wiedersehensfreude vor allem zwischen den polnischen und deutschen Diakonissen. In ihrem Grußwort erinnerte Oberin Sr. Christine daher auch an die zahlreichen Begegnungen, vor allem an das Jahr 2006, als im Rahmen einer Informationsreise rund 100 Friedenshort-Mitarbeitende und Diakonissen zu Besuch waren. „Wir wünschen uns, dass unsere Verbindung auch in Zukunft bestehen bleibt, möge euer Werk weiterhin von Gott gesegnet sein“, so der Wunsch von Sr. Christine. „Werdet zum Segen für jeden, dem ihr begegnet – dieses Wort Mutter Evas ist hier zu spüren, im Miteinander und auch in eurer Arbeit“, betonte Pfrn. Riegas-Chaikowski, die zudem für die Möglichkeit dankte, an dem Jubiläum teilzuhaben.
Die letzte Station der Informations- und Besuchsreise war auf der Rückfahrt Schloss Moschen im Landkreis Oppeln. Neben Schloss Miechowitz seinerzeit der weitere Wohnsitz der Familie von Tiele-Winckler. Das Schloss aus dem 17. Jahrhundert verbindet Stilelemente des Barock, der Neogotik und Neorenaissance. 1866 erwarb Hubert Gustav von Tiele-Winckler (Mutter Evas Großvater) das Schloss. Mit seinen unzähligen Türmen und 365 Zimmern ist es eine außergewöhnliche Erscheinung. Ein Teil, inklusive der Schlosskapelle, ist für Besichtigungen geöffnet, ein Teil des Schlosses ist heute ein Hotel. Zum Anwesen gehört ein weitläufiger Park, der auch die Grabstätten der von Tiele-Wincklers beherbergt. Eine kurze Brücke führt zur so genannten Osterinsel mit einem kleinen an einem Baum befestigten Altar. Die Osterinsel war ein Rückzugsort für Eva von Tiele-Winckler, auch für Gebet. Hier entschloss sie sich, ihr Leben der Nachfolge Jesu Christi zu widmen.
Mit einer Zwischenübernachtung in Dresden, einem notwendigen Werkstattbesuch für den Kleinbus in Radebeul, bei dem sich der Schrecken über die aufleuchtende Motorkontrolllampe zum Glück rasch legen konnte und der Fehler durch den Austausch einer kleinen Membrane behoben wurde, gelangten alle Reisenden am späten Nachmittag wieder ans heimatliche Ziel. Was bleibt, sind viele Eindrücke, viele Bilder auf diversen Speicherkarten und der Dank an Gottes Geleit für eine behütete Reise.
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