Friedenshort-Delegation in Indien zu Gast - Projekt "Shanti" trägt erste Früchte

Erstellt von Henning Siebel - 13.12.2005 |

Freudenberg/Tamaram (Indien). Eindrückliche zwölf Tage in Indien erlebte die kleine Delegation der Stiftung Diakonissenhaus Friedenshort unter der Leitung des Vorstandsvorsitzenden Pfr. Leonhard Gronbach. Seit wenigen Tagen ist die Gruppe wieder zu Hause. In Tamaram (Distrikt Vishakapatnam) im südindischen Bundesstaat Andhra Pradesh war man beim dort tätigen Missionswerk „Emmanuel Ministries Association“ zu Gast. Höhepunkt war die Einweihungsfeier zweier Häuser für insgesamt 40 poliogeschädigte Jungen und Mädchen. Seit rund zwei Jahren hat der Friedenshort mit seinem Projekt „Shanti“ hierfür Spenden gesammelt. Mit einer Summe von rund 50.000 Euro wurde die Finanzierung dieser Häuser sowie eines weiteren Hauses mit Büro- und Therapieräumen ermöglicht. „Der Friedenshort war bereits in früherer Zeit durch einige Diakonissen in sozialmissionarischen Diensten in Indien tätig“, berichtet Pfr. Gronbach. Als es Ende 2002 eine Anfrage eines in Indien schon seit längerer Zeit tätigen württembergischen Missionswerks gab, ob ein Engagement für Kinder mit Behinderungen vorstellbar sei, wurde Hilfe zugesagt.

„Die Diakonie des Friedenshortes ist verwurzelt in einer Kultur des Helfens und christlicher Nächstenliebe, wir folgen damit auch dem Anspruch unserer Stifterin „Eva von Tiele-Winckler“, so Gronbach weiter. Stellenwert behinderter Kinder ist in Indien sehr gering Die Hilfe soll aber nicht bei der Finanzierung von Gebäuden stehen bleiben. Für operativ-orthopädische Korrekturen, Unterkunft, Verpflegung, Rehabilitation und schulische Ausbildung der poliogeschädigten Kinder werden weiterhin Spenden gesammelt. Der Stellenwert behinderter Kinder ist in Indien sehr gering. Familien, die Kinder mit Behinderungen haben, werden aus der dörflichen Gemeinschaft ausgestoßen, weil sie dadurch als „unrein“ gelten. Zum Teil werden diese Kinder einfach im Dschungel ausgesetzt. Pfr. Gronbach: „Wir wollen gerade diesen Kindern eine Chance auf Zukunft geben“.

In einer fast fünfstündigen Eröffnungsfeier mit Gottesdienst, unter Teilnahme des evangelischen Bischofs Pastor Singh Komanapalli wurden die Häuser jetzt ihrer Bestimmung übergeben. Das Haupthaus trägt den Namen „Shanti Nivas“ (Hindi für „Friedens-Hort“). „Wir gehören im Namen Jesu Christi weltweit zusammen“, begrüßte Pfr. Leonhard Gronbach die Gäste bei der Eröffnungsfeier. Zudem hob er die gute Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner „Kinderheime Nethanja“ für dieses Projekt hervor: „Der heutige Einweihungstag ist ein gutes Zeichen der Verbundenheit und des Miteinanders.“ "Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt" Pfr. Gronbach dankte zudem Rev. Jeevan Roy und Nalini Komanapalli, ohne deren Engagement alles nicht zu realisieren gewesen wäre. „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt“ – dieser Leitspruch der Friedenshortgründerin Mutter Eva von Tiele-Winckler aus dem Markus-Evangelium gelte auch 120 Jahre nach der Gründung des Friedenshortes gleichermaßen: „Diese Zusage Jesu ist der Grund für unser Engagement.“

Während der Zeit in Indien lernten die Gäste aus Deutschland auch weitere Arbeitsfelder von Emmanuel Ministries kennen, so zum Beispiel die Ausbildung von Schwesternschülerinnen und den sozial-missionarischen Dienst. Seit kurzem gibt es auch eine Verselbstständigungshilfe für junge Erwachsene mit Behinderung. Kunden kommen gern zu der jungen Frau Ein Beispiel ist Yesuratnam. In einem kleinen Dorf hat die poliogeschädigte junge Frau eine so genannte „Telephone-Booth“ eröffnet. In dieser kleinen Telefonzelle betreibt sie ein öffentliches Telefon, ein prozentualer Anteil an den Gebühren bleibt ihr als Verdienst. Die Standmiete bekommt sie zunächst als Anschubfinanzierung von Emmanuel Ministries. „Diese Hilfe ist sehr wichtig für mich, ich freue mich, jetzt eine Perspektive zu haben“, berichtet Yesuratnam. Wichtig sei ihr auch der Halt, den ihr die Mitarbeiter von Emmanuel Ministries geben und der über eine reine finanzielle Hilfe hinausgehe. Die Telefonkunden kommen jedenfalls gern zu der attraktiven jungen Frau. „Sie ist sehr nett, ich komme regelmäßig zum Telefonieren hierher,“ sagt ein Kunde auf Nachfrage. Ein weiteres Arbeitsfeld ist die ambulante Betreuung von Familien mit behinderten Kindern. Familien sollen in die Lage versetzt werden, diese Kinder selbst zu betreuen und erhalten finanzielle und fachliche Hilfe.

Zum Beispiel Retnan: Im kleinen Dschungeldorf Vazragada lebt sie mit ihren zwei Kindern. Die kleine Suguna kam mit fehlentwickelten Beinchen zur Welt. Ihr Mann hat sie daraufhin verlassen, sie ist nun allein erziehend. Durch finanzielle Hilfe von Emmanuel Ministries kann sie nun halbtags arbeiten und sich in der anderen Zeit um die Kinder kümmern. Zudem ist der Schulbesuch von Suguna sichergestellt. Derzeit laufen Überlegungen für ein geeignetes Fortbewegungsmittel für das kleine Mädchen. Genauso wichtig wie die Unterstützung ist jedoch für Retnan auch die Erkenntnis: Auch behinderte Kinder sind wertvoll und von Gott geliebt, es ist wichtig und gut, ihnen zu helfen. Projektfilm soll Arbeit veranschaulichen Helena Scherer, Leiterin der Behindertenhilfe im Tiele-Winckler-Haus, nutzte zudem die Zeit in Indien für die fachliche Unterstützung der verschiedenen Arbeitsfelder, sie gab erste Impulse für therapeutische Konzepte, so beispielsweise für Musiktherapie. Hierbei wurde sie einige Tage durch den Musiktherapeuten Peter Renkel unterstützt. Außerdem wurde die Zeit für Dreharbeiten genutzt: Helena Scherer und Öffentlichkeitsreferent Henning Siebel entwickelten einen Drehplan für die einzelnen Arbeitsfelder, der vor Ort erfolgreich umgesetzt werden konnte und führten zudem verschiedene Interviews. Unterstützt von Medieninformatik-Student Alexander Quast als "Kameramann", entstanden so rund 10 Stunden Film-Material, um zukünftig in einem Projektfilm die Arbeitsbereiche anschaulich darstellen zu können, zum Beispiel um weitere Förderer zu gewinnen.

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