Region Süd: Gesamtkonzept für Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auf gutem Weg

Erstellt von Jürgen Grajer und Jörg Wartenberg |

Mitarbeiter der Region Süd nehmen an Fortbildungsprogramm „Beteiligung leben! - Praxisentwicklungstage für Einrichtungen“ teil

Öhringen. Die rechtliche Grundlage für die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland ist das Sozialgesetzbuch VIII. Hier heißt es im § 8: „Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen.“ Diese Maßgabe ist ein zentraler Baustein, um den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Jugendhilfeeinrichtungen zu gewährleisten. Seit Bestehen der Region Süd der Evangelischen Jugendhilfe Friedenshort in Öhringen sind viele Impulse für eine Beteiligung junger Menschen eingeführt worden. So gibt es seit Bestehen der Tiele-Winckler-Schule zum Beispiel eine Schülermitverwaltung. 1996 wurde auf dem Cappelrain-Gelände ein Jugendcafé eingerichtet, das von den Jugendlichen mit betreut wird. in den verschiedenen Wohn- und Betreuungsformen sind Gruppenbesprechungen mit den Kindern und Jugendlichen fester Bestandteil, Kinder- und Jugendvertretungen wurden gebildet und auch verschiedene Verfahren für Beschwerdemöglichkeiten wurden erprobt. Was bislang noch fehlte: Diese Beteiligungsformen in ein stimmiges Gesamtkonzept zu überführen.

Seit letztem Jahr hat sich die Region Süd aufgemacht, diese Qualitätslücke zu schließen. Der „Steuerungskreis Partizipation“ bekam fachliche Unterstützung durch den externen Berater Prof. Dr. Thomas Meyer von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Als erste Maßnahme entwickelten die Mitarbeitenden zusammen mit der Kinder- und Jugendvertretung eine neue Willkommenskultur bei der Aufnahme junger Menschen. Darüber hinaus bieten nun unabhängige Vertrauenspersonen  erweiterte Gesprächsangebote und fungieren als Beschwerdestellen für die betreuten Mädchen und Jungen.

Fortbildungsprogramm „Beteiligung leben“

Im Sommer 2017 bot sich dann die Gelegenheit, an einem Fortbildungsprogramm des Kommunalverbandes Jugend und Soziales (KVJS) in Baden-Württemberg teilzunehmen.  Die Ergebnisse eines Forschungsprojektes hatten gezeigt, dass junge Menschen eindeutig bessere Entwicklungschancen haben, wenn sie an allen Prozessen, die mit ihnen zu tun haben, aktiv beteiligt werden. Um deshalb Partizipation im pädagogischen Alltag noch erfolgreicher verankern zu können, wurde über das „Institut für sozialpädagogische Forschung Mainz“ (ism) die Fortbildung „Beteiligung leben! - Praxisentwicklungstage für Einrichtungen“ angeboten. Nach einer mehrmonatigen Vorbereitungs- und Planungsphase startete am 24.01.2018 der erste Praxisentwicklungstag, an dem die Steuerungsgruppe, die Vertrauenspersonen, der Fachdienst und die Leitung der Region Süd teilnahmen. Mit Rebecca Schmolke und Eva Stengel moderierten zwei wissenschaftliche Mitarbeiterinnen des ism den Fachtag. Zu Beginn waren alle gefordert die Frage zu beantworten, was eigentlich unter einer guten Beteiligung von Kindern und Jugendlichen verstanden wird. Die Sammlung an Impulsen ergänzten die  Moderatorinnen durch eigene Erfahrungen. Kleingruppen arbeiteten im Anschluss intensiv daran, Aspekte wie Beteiligungsverfahren und Beschwerdemanagement für die Region Süd zu konkretisieren und zu vertiefen.

Insgesamt wurden von den Arbeitsgruppen 13 sehr differenzierte Angebote und Schwerpunktbereiche zur Partizipation analysiert und bewertet sowie jeweils anstehende Weiterentwicklungsschritte formuliert. Der Bogen spannte sich dabei über die Themenfelder Steuerungskreis Partizipation, verschiedene Foren der Kinder- und Jugendvertretung im Betreuungsbereich und in der Tiele-Winckler-Schule, bis hin zur Beteiligung von Mitarbeitenden und Eltern sowie zum Beschwerdemanagement. Hier wurden insbesondere die Aufgabenfelder „Kinderrechte“, die „Einbeziehung der Eltern in den Hilfeprozess“ und die „Schulung der Mitarbeitenden“ als wichtige Zukunftsaufgaben herausgearbeitet. Zum Abschluss des ersten Praxisentwicklungstages Partizipation der Region Süd stand schließlich noch die Entwicklung eines Zukunftsszenarios auf der Agenda. Woran soll im Jahr 2022 erkennbar sein, dass es in unserer Einrichtung mit der Partizipation richtig gut läuft?

Erneut ging es in die intensive Kleingruppenarbeit. Erhaltenswertes und anzustrebende Veränderungen wurden gegenübergestellt. Deutlich wurde: Beteiligungsgremien der jungen Menschen, die Verankerung der Beteiligungsprozesse und Beschwerdeverfahren und vor allem das hohe Engagement der Mitarbeiterschaft bilden wichtige Bestandteile der Einrichtungskultur. Entwicklungsmöglichkeiten wurden vor allem bei folgenden Aspekten gesehen:

  • Weiterentwicklung des Jugendparlaments

  • Schaffung von Weiterentwicklungsressourcen

  • Verbesserung der strukturellen Einbindung der jungen Menschen und deren Eltern z.B. in Gremien und Qualitätszirkeln

  • Umsetzung der Selbstverpflichtungserklärung der Diakonie

  • Verwendung der „leichten Sprache“

  • Eröffnung von Bildungsmöglichkeiten in kulturellen Bereichen

 

Zwei weitere Praxisentwicklungstage sind für 2018 bereits fest terminiert, beim ersten Termin werden auch die Kinder- und Jugendvertretungen dabei sein. Für den Zeitraum 2019/20 ist ein Fachtag für Mitarbeitende vorgesehen; ebenso wird die Gestaltung der Aufnahmesituation junger Menschen in unsere Einrichtung neu in den Fokus genommen sowie ein Elternhearing angeboten.

Zwischenfazit: Alle Teilnehmenden zeigten sich sehr angetan von Themen, Inhalten und Organisationsform des ersten Praxisentwicklungstages und lobten besonders die angenehme Atmosphäre und die effektive Arbeitsweise. Es wurde deutlich, dass es in der Region Süd bereits jetzt gute Instrumente und Angebote der Beteiligung für Betreute und Mitarbeitende gibt. Unsere Aufgabe ist es aber, auch weiterhin sicher zu stellen, dass Beteiligung kein punktuelles, formales Vorgehen ist, sondern als gelebtes Prinzip und dauerhafter Prozess nachhaltig in der Region verankert bleibt.

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