„Jugend ermöglichen“: Pädagogischer Tag der Region Süd

Erstellt von Jürgen Grajer + Jörg Wartenberg |

Am 17. November 2017 gab es bereits die 14. Auflage dieser bestens etablierten Fortbildungsveranstaltung.

Öhringen. Er ist eine gern genutzte und mittlerweile etablierte Veranstaltung: der Pädagogische Tag in der Region Süd der Evangelischen Jugendhilfe Friedenshort. Am 17. November 2017 ging er in seine bereits 14. Auflage! Wie immer versammelten sich die Mitarbeitenden in der Aula der Tiele-Winckler-Schule in Öhringen, um sich ganztägig einem zentralen Thema der Kinder- und Jugendhilfe zuzuwenden. Ein Arbeitskreis, bestehend aus den vier Kolleginnen Cordula Bächle-Walter (Distriktleitung), Margret Kuttner (Fachdienst), Claudia Schmidt und Stefanie Uhler (Tiele-Winckler-Schule), hatte den Fachtag organisiert, der unter dem Motto „Jugend ermöglichen“ stand. Damit widmete sich die Region Süd den Ergebnissen des umfangreichen 15. Kinder- und Jugendberichts aus diesem Jahr. Ein solcher Bericht zur Bedeutung des Aufwachsens von jungen Menschen in unserer Gesellschaft wird alle vier Jahre von der Bundesregierung in Auftrag gegeben.

Regionalleiter Jürgen Grajer begrüßte die Mitarbeitenden und ging mit geschichtlichen und zeitgenössischen Beispielen pointiert auf die besondere Bedeutung des Jugendalters ein. Er zitierte unter anderem Martin Luthers Ausspruch „Jugend ist wie ein Most. Der lässt sich nicht halten. Er muss vergären und überlaufen.“ Welche Signale und Botschaften senden Jugendliche und junge Erwachsene, wie werden diese innerhalb unserer Gesellschaft berücksichtigt und welche Antworten liefert die Politik? Mit diesen Fragen leitete Jürgen Grajer zum 15. Kinder- und Jugendbericht über und zeigte sich sehr erfreut, dass für die Veranstaltung ein ausgewiesener Fachmann als Referent gewonnen werden konnte: Prof. Klaus Schäfer, ehemals Staatssekretär im Familienministerium des Landes NRW und Honorarprofessor für Erziehungswissenschaften an der Universität Bielefeld. Als zudem stellv. Vorsitzender der Sachverständigenkommission des 15. Kinder- und Jugendberichts führte Prof. Schäfer in einem Marathon von drei Vorträgen in das umfangreiche Werk ein, welches 575 Seiten umfasst. Zunächst vermittelte er einen Überblick und betonte, dass die Auseinandersetzung mit Jugendlichen immer auch eine gesellschaftliche Auseinandersetzung darstelle. Die Kinder- und Jugendhilfe sei dabei ein strategisches Zentrum und gekoppelt mit den Schulen wichtigste Instanz im Aufwachsen von jungen Menschen.  Auch in Institutionen gebe es soziale Ungleichheit, dies müsse im Blick behalten werden. Zudem existiere eine Verkettung von ökonomischen, sozialen und kulturellen Ungleichheiten, die sich auf die Bildungsmöglichkeiten und beruflichen Perspektiven der jungen Menschen auswirke. „Der Jugend muss gesellschaftlicher Raum gegeben werden“, appellierte Prof. Schäfer und wies darauf hin, dass eine Integration von Jugendlichen in der Balance zwischen subjektiver Freiheit und sozialer Zugehörigkeit bestehe. „Bin ich bereit Verzicht zu üben, zum Wohl sozialer Zugehörigkeit“, sei eine zentrale Frage, der junge Menschen sich stellen müssten.

Von der Jugendhilfe in die Selbständigkeit

Nach zwei Fachvorträgen boten die vorbereiteten Themeninseln in verschiedenen Klassenzimmern die Chance zum angeregten Austausch unter den Mitarbeitenden. Dabei sollte darüber reflektiert werden, welche neuen Impulse der neue Kinder- und Jugendbericht setzt, welche pädagogischen Herausforderungen damit verbunden sind und welche Erfordernisse für die Qualifizierung sich daraus ergeben. Die anschließende Mittagspause bot eine willkommene Unterbrechung. Frisch gestärkt durch das von den Kolleginnen der Küche zubereitete Mittagessen und angeregt durch viele intensive Gespräche und manches Wiedersehen von Mitarbeitenden aus entfernter liegenden Einsatzbereichen der Region Süd, ging es dann in den Freitagnachmittag. Erneut gelang es Prof. Schäfer die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu fesseln, indem er nun seinen fachlichen Fokus auf den Bereich des Übergangs junger Menschen aus der Jugendhilfebetreuung in die Selbständigkeit legte. Problemlagen wurden deutlich herausgearbeitet und Aufgabenstellungen für Politik und Pädagogik definiert. Unter den sozialpädagogischen Leitbegriffen „Qualifizierung“, „Selbstpositionierung“ und “Verselbständigung“ sollte unser Blick auf die jungen Erwachsenen und ihren Unterstützungsbedarf gerichtet bleiben - auch über den Zeitpunkt der Volljährigkeit hinaus. Prof. Schäfer forderte hierzu dezidiert die Schaffung sozialer Verwirklichungschancen für junge Erwachsene unter pädagogischer, rechtlicher und finanzieller Absicherung.

Das Schlusswort zum fachlichen Teil des 14. Pädagogischen Tages der Region Süd hatte dann Schulleiter Jörg Wartenberg, der in seinem Statement insbesondere die gelingende Zusammenarbeit zwischen dem sozialpädagogischen und dem schulpädagogischen Bereich der Einrichtung als besonders positiv herausstellte, aber auch kritische Worte zu den sehr knapp bemessenen staatlichen Ressourcen für die schulische Inklusion behinderter Kinder und Jugendlicher fand.

Zum Abschluss des Tages erfreute dann das Heidelberger Duo „Kopfsalat“ die Teilnehmenden mit einem gelungenen Mix aus Improvisationstheater und musikalischer Performance. Dabei gelang es den Künstlern in souveräner Manier, sowohl die Thematik des Tages geschickt in ihre Darbietungen einzubauen, als auch die Mitarbeitenden immer wieder einzubinden. So ging eine kreative fachliche Veranstaltung mit kultureller Kreativität zu Ende – und man darf auf den nächsten Pädagogischen Tag 2018 bereits gespannt sein.

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