"Meine Stimme für Inklusion"

Erstellt von WG-Moabit |

WG-Moabit der Tiele-Winckler-Haus GmbH beteiligte sich an Info-Veranstaltung des "Blauen Kamels" im Vorfeld der Berlin-Wahl.

Berlin. „Das Einzige, was mir nicht gefallen hat, waren die Wespen am Grill“, so das Fazit von Michael D. aus unserer Tiele-Winckler-Haus Wohngemeinschaft in Berlin-Moabit. Es ging um den Informationsabend im Vorfeld der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus, veranstaltet von der Initiative „Blaues Kamel“. Dies ist ein Aktionsbündnis Berliner Träger der Behindertenhilfe, das sich für die Belange von Menschen mit Behinderungen einsetzt, um diese öffentlich zu vertreten. Michael D. freute sich, bei dieser Gelegenheit den Moderator des RBB Herrn Harald Pignatelli wieder getroffen zu haben. Diesen kenne er schon von der letzten Veranstaltung zu den Bundestagswahlen und er habe ein offenes Ohr gehabt, als es um den Umzug der WG und die Gründe dafür ging. Michael D. war zusammen mit anderen WGlern auch bei der aktuellen Veranstaltung wieder sehr aktiv, informierte über die Einrichtung, verteilte Informationsmaterial und Getränkebons: „Ich fand die Hefte zu der neuen Wahl gut, alles ist besser zu verstehen. Diese Anstecknadel vom Blauen Kamel ist weggegangen wie „Blaue Semmeln“. Diese sei ein gutes Erkennungsmerkmal für alle, die sich für die Rechte von behinderten Menschen einsetzten. Auch Frau T. und Frau N. aus der WG erzählten, dass sie auch eine Wurst im Brot gegessen und mit vielen bekannten Leuten gesprochen hätten.

Zentrales Thema der Veranstaltung war die Inklusion, die mit all ihrer Problematik, aktuellen Hürden und im Hinblick auf ihre Zukunftsentwicklung beleuchtet und besprochen wurde. Dass mit Besuchern  überfüllte Kesselhaus zeigte nicht nur den Wunsch beeinträchtigter Menschen nach politischer Partizipation, sondern auch die längst überfällige Notwendigkeit der Barrierefreiheit auf allen Ebenen. Das blaue Kamel schafft eine Möglichkeit für jeden Politik und die bevorstehenden Wahlen „be“ –greifbarer zu machen: So befand sich eine Gebärdendolmetscherin auf der Bühne und genügend barrierefreie Toiletten wurden bereit gestellt. Außerdem konnte eine Karte mit der Aufschrift: „Bitte leichte Sprache“, eingesetzt werden, wenn sich die Politiker wieder zu kompliziert ausdrückten. Für die Visualisierung sorgte ein sogenanntes „Applaus-Barometer“. Dort wurde mit Hilfe von großen Kamelen in den jeweiligen Parteifarben angezeigt, welche ParteivertreterInnen am meisten Beifall bekamen.

Eine Hürde: Das Fehlen von leichter Sprache

Die Beteiligten aus der WG konnten die Veranstaltung via Lautsprecher an ihrem Stand mitverfolgen. „Manches war verständlich und manches habe ich nicht so verstanden. Da fiel auch mal ein Wort, was ich nicht kenne“, sagte dazu Carmen F. aus der WG. Damit sprach sie schon die erste große Hürde an, die es zu überwinden gilt: Leichte Sprache ist essentiell für die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen an gesellschaftlichen, politischen und bürokratischen Prozessen. Weiterhin betont Carmen F. wie gut sie es findet, dass immer noch mehr Leute aus den eigenen Reihen dazu kämen und auch Außenstehende, „die Interesse für Menschen mit Behinderungen, ihre Wünsche, Anliegen, Rechte, Sorgen und Probleme haben.“
Dies ermöglichte das „Blaue Kamel“ mit einer Podiumsdiskussion. Die Themen waren dabei so vielfältig wie die Besucher:
- Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Raum
- Arbeit in einer Werkstatt - ungerechte Löhne - Öffnung des ersten Arbeitsmarktes?
- Gentrifizierung
- Diskriminierung
- Teilhabe/politische Partizipation
- Barrierefreiheit für Gehörlose

Die Politiker mussten Rede und Antwort stehen. Sie kamen durchaus ab und an in Erklärungsnot und wohl auch ins Schwitzen.  Hinterher durften jedoch noch fernab des Podiums Fragen an die einzelnen Politiker gestellt werden, wobei sich der ein oder andere aber frühzeitig verabschiedete. Der Satz von Herrn Michael D. soll daher weiter Mut machen: „Es ist schwer an die Politiker zu glauben aber ich gebe die Hoffnung nicht auf!“

Aufgeben sollte keiner, denn für den Prozess der Inklusion ist es einerseits wichtig, dass beeinträchtigte Menschen über ihre Rechte Bescheid wissen, um so Hilfe zur Selbsthilfe zum politischen Engagement zu leisten und andererseits ein solidarisches Netzwerk aufzubauen, in dem sich Gleichgesinnte austauschen können, um gemeinsam aktiv zu werden.
Dieses leisten sowohl die Veranstaltungen des blauen Kamels seit 20 Jahren, als auch Menschen mit Behinderungen,  MitarbeiterInnen, BetreuerInnen, Freiwillige, Engagierte und im allgemeinen Menschen, die sich für eine gerechte und bunte Gesellschaft ohne Ausgrenzung einsetzen.

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