Gemeinschaft erleben, auch dies war ein Aspekt des Kunstprojekts
Gemeinschaft erleben, auch dies war ein Aspekt des Kunstprojekts
Berno Zwosta stand den Jugendlichen hilfreich zur Seite
Berno Zwosta stand den Jugendlichen hilfreich zur Seite
Unterstützt wurde der Künstler vor allem vom Mitarbeitenden Bernd Hertner
Unterstützt wurde der Künstler vor allem vom Mitarbeitenden Bernd Hertner
Einige der fertiggestellten Stelen
Einige der fertiggestellten Stelen

Holz-Stelen als Symbole für Geborgenheit

Erstellt von Jürgen Grajer |

Beim Kunstprojekt unter der Anleitung des Künstlers und Stelen-Bildwerkers Berno Zwosta befassten sich Jugendliche in der Region Süd mit dem Thema „Herberge“.

Öhringen. Am Anfang stand eine Begegnung. Ermöglicht wurde sie durch unseren Kollegen Bernd Hertner, pädagogischer Mitarbeiter in der Wohngruppe Römerstraße in Heilbronn, die zur Region Süd der Ev. Jugendhilfe Friedenshort gehört. Er brachte den Maler und Stelen-Bildwerker Paul Berno Zwosta in Kontakt mit unserer Jugendhilfearbeit. Schnell war eine erste Idee geboren. Im Frühjahr 2018 kreierten geflüchtete junge Menschen, die in der Wohngruppe Löwenstein betreut wurden, unter Anleitung des Künstlers eindrucksvolle Holzstelen (wir berichteten). Heute zieren die Stelen in einer Gruppenformation unser Cappelrain-Gelände in Öhringen.

Im Friedenshort weiß man, wie nahe sich Kunst und soziale Arbeit sind. Beziehungsgestaltung steht dabei im Mittelpunkt. Besuche des Regionalleiters beim Künstler in Sinsheim-Dühren vertieften den Kontakt. Das Zuhause von Erna und Berno Zwosta ist ein ausgesprochener Ort zum Wohlfühlen. Auf jedem Schritt begegnet einem die Schaffenskraft des wuseligen, voll Phantasie und Wortwitz sprühenden Mannes mit seiner Liebe zur Natur, seiner Suche nach dem Ursprünglichen – ein ungemein interessierter, unentwegt mitteilsamer und äußerst kritischer Zeitgeist.

Bei diesen Besuchen reifte die Projektidee „Herberge“. Ausgangspunkt waren die Bedürfnisse und Sehnsüchte der Kinder und Jugendlichen, die auf dem Cappelrain leben. Sicherheit und Geborgenheit und darüber hinaus vielleicht ein Stück Heimat, wo Vertrautheit entsteht – dafür soll der Cappelrain Herberge sein. Damit war der Titel des Kunstprojekts geboren. In wöchentlich zwei Workshops über vier Monate hinweg sollten sich Jugendliche und Mitarbeitende gemeinsam künstlerisch betätigen. Berno Zwosta sollte als Künstler Anleiter, Motivationsspender und Phantasieanreger sein. Als der Förderverein für die Evangelische Jugendhilfe Friedenshort in der Region Süd eine Finanzierungsunterstützung zusagte und auch die Geschäftsführung zustimmte, wurde aus der Idee ein konkretes Kunstprojekt. Die Teilnahme an den Workshops wurde intern ausgeschrieben, aus sicherheitstechnischen Gründen für Jugendliche ab dem 13. Lebensjahr, in Gruppengrößen bis zu 12 Teilnehmenden. Ort waren die Werkräume der Tiele-Winckler-Schule.

Sägen, fräsen, feilen, schleifen

Als Rohstoff standen überwiegend Eichenbretter aus den Beständen des Künstlers zur Verfügung. Zum ersten Workshop reiste Berno Zwosta mit einem Kleinbus an, voller Gerätschaften, Werkzeugen und Anschauungsmaterial. Alle waren zunächst verblüfft, dass in den ersten drei Wochen nur gesägt, gefräst, gefeilt, geschliffen, gebürstet und vor allem auch gebrannt wurde. Der naturbelassene Werkstoff „Holz“ war hierbei die ideale Brücke, um Gefühlen und Stimmungen Ausdruck zu verleihen. Die Gemeinschaft ist dabei das Prägende. Bei dem gemeinsamen Bemühen, auf ein Holzbrett die Phantasie von „Herberge“ zu projizieren, wird elementaren Empfindungen Raum gegeben. Im Miteinander wächst Vertrauen, man fühlt sich bewahrt und geborgen.

Ab der vierten Woche wurde die Phantasie beflügelt, es kamen Farben, Öle, Beizen und Klarlack zum Einsatz. Die Vorstellung von „Herberge“ realisierte sich in Formen, Farben, Namen, Muster, Bildern und erhielt durch die Teamarbeit eine Beziehungsgestalt. Denn es galt, sich in jedem Workshop darauf einzulassen, woran andere bislang gearbeitet hatten, den Faden weiter zu spinnen und der Phantasie freien Lauf lassen. Jedes Holzbrett wurde so zunehmend zu einem wahrhaft kommunikativen Kunstwerk, einer phantasievollen Bildgeschichte, einem eindrücklichen Gemeinschaftserleben, einem Gefühl von Herberge. Ständiger und verlässlicher Begleiter durch alle Workshops war neben dem Künstler unser Kollege Bernd Hertner. Ohne seine Vor- und Nachbereitungen der Workshops hätten diese nicht so reibungslos durchgeführt werden können.

Ende Januar 2019 feierten alle Akteure gemeinsam mit weiteren Gästen aus den Wohn- und Tagesgruppen den Abschluss des Projektes. Eine Bildershow verdeutlichte den gesamten Projektverlauf. Regionalleiter Jürgen Grajer bedankte sich bei den Ehrengästen Paul Berno Zwosta, der mit seiner Gattin Erna gekommen war, und bei Günter Reustlen, dem Vorsitzenden des Fördervereins. Letzterer freute sich darüber, wie gut das Projekt Anklang gefunden hat, und war beeindruckt von der Gestaltungsvielfalt der Holzstelen. Der Künstler dankte den Jugendlichen für ihre engagierte Teilnahme, für ihr konzentriertes Tun und für die immer gute Laune in den Workshops.

Was wird nun aus den Kunstwerken? Zunächst sollen einige Stelen im Mai 2019 für eine Woche auf der Bundesgartenschau ausgestellt werden. Darüber hinaus ist bereits mit der Stadtverwaltung Öhringen vereinbart, dass es Anfang 2020 eine Ausstellung im Rathaus geben wird. Neben den Stelen werden auch Fotografien zu Szenen aus den Workshops gezeigt. Berno Zwosta wird wieder mit von der Partie sein und mit einigen Kunstwerken die Ausstellung anreichern. Ihre endgültige Bleibe sollen die Stelen an den Eingangstüren der jeweiligen Wohn- und Tagesgruppen des Friedenshortes finden, als Symbol für eine Herberge.

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