Indienprojekt "Shanti": Förderschule füllt sich mit Leben

Erstellt von Sr. Beate Böhnke |

Für rund ein halbes Jahr war Friedenshort-Diakonisse Sr. Beate Böhnke erneut in Indien, um in unserem sozial-missionarischen Projekt „Shanti“ bei den Partnern von Emmanuel Ministries mitzuarbeiten.

Nebenstehende Worte umschreiben, was mich in der Arbeit mit Kindern und ihren Behinderungen in Tamaram, Indien, umtreibt. Auch wenn erfreulicherweise die Zahlen der Kinder, die keine Schulbildung erhalten weltweit rückläufig sind, so gehen doch nach den neusten Berichten der UNESCO 72 Millionen Kinder nicht zur Schule. Hauptgründe dafür sind Armut, Geschlecht und Behinderung. Genau diese Gründe treffen für die Kinder zu, mit denen wir arbeiten. Deshalb ist die Unterstützung des Friedenshortes wirklich äußerst notwendig.

Behindertenhilfe ist - wie alle soziale Arbeit - keine funktionale oder apparative Hilfe, sondern sie ist das Ergebnis des Zusammenwirkens von Mensch zu Mensch, von Persönlichkeit zu Persönlichkeit. Menschenrechte gelten für alle – gerade auch für Menschen mit Behinderungen. Wir brauchen alle gesellschaftlichen Kräfte, um die Ziele der entsprechenden UN-Konvention Wirklichkeit werden zu lassen. Menschen mit Behinderungen werden immer noch stark diskriminiert und werden durch zu viele Barrieren am Leben in der Gesellschaft gehindert.

Schulmöbel aus eigener Herstellung

Zu erreichen wird dies nur in vielen kleinen Schritten sein. So waren die vergangenen Wochen in Indien geprägt von vielen kleinen Aktionen. Das Zähneputzen sollte zur regelmäßigen Übung in den Klassen für Kinder mit geistiger Behinderung werden, wir zogen in den neuen Schulbau ein, obwohl noch vieles am Innenausbau fehlt. Die Schulmöbel werden auf unserem Gelände hergestellt und die Kinder können miterleben, wie ein Tisch und eine Schulbank entstehen. Von den Holzabfällen konnten wir didaktisches Material herstellen. Die Stundenpläne wurden überarbeitet und Förderpläne entwickelt. Regelmäßig trafen wir uns mit den Mitarbeitenden, um die Arbeit zu koordinieren und Informationen weiterzugeben. Und einen Tag nahmen wir uns Zeit, um zu ermitteln, wie wir uns bei unterschiedlicher Qualifikation möglichst optimal ergänzen können, um die Fülle an Aufgaben, Verantwortung und notwendiger Steuerung zu handhaben. In der Regel ist es notwendig, dass Fachkräfte einer Einrichtung in irgendeiner Form mit der Familie oder den Bezugspersonen eines Kindes zusammenarbeiten. Deshalb sind Hausbesuche von ganz wichtiger Bedeutung, um das Umfeld eines Kindes zu verstehen. Dabei wurde auch deutlich, dass zum Teil ein Bedarf besteht, Eltern angesichts der bestehenden Probleme Hilfestellungen anzubieten, ohne das Kind aus seiner Dorfgemeinschaft zu nehmen, sondern vielmehr die Dorfgemeinschaft zur Mithilfe anzuregen (Einführung eines „Outreach Programms“). Gedanken wurden entwickelt zur Gestaltung des Außengeländes und zu einem Freiwilligen- Programm. Ein großer Erfolg waren unser Malworkshop mit dem Künstler Stanley Suresh, unter Beteiligung von vier weiteren Schulen aus den Nachbarorten und ein Kunstseminar für die Studierenden der Lehrerausbildung.

Jedes Kind soll spüren, dass es etwas Besonderes ist

Noch manches könnte aufgezählt werden aber das wichtigste bleibt die Wahrnehmung des einzelnen Kindes und seine Förderung. Ob in der Physio- oder Sprachtherapie, ob in der Schule für Hör- oder Geistigbehinderte, beim Malen oder Musizieren - es geht darum, das Selbstvertrauen der Kinder zu stärken. Jedes Kind soll spüren, dass es etwas ganz Besonderes ist. Aber, man darf nicht vergessen, dass wir in Indien sind: Bunt und zuweilen chaotisch, mit einem starken gesellschaftlichen Gefäll. Nahezu ein Viertel der Bevölkerung Indiens wird von höheren „Kasten“ behandelt. Vor dem Gesetz sind zwar alle Bürger gleich, doch im Alltag werden den Menschen am unteren Ende der Sozialstruktur gleiche Rechte verweigert. Aber Indien ist auch Opfer unserer Fehl- und Vorurteile. Indien hat sich verändert und wird sich im Zuge der Technologisierung und Globalisierung noch weiter verändern. Ganz in der Nähe von Tamaram entsteht ein riesiges Aluminiumwerk. In fünf bis zehn Jahren wird sich das Bild des Ortes ebenfalls völlig verändert haben.

Bestehen bleibt für die „Emmanuel School for Special Education“ die Chance, dass sie den Umgang mit Menschen mit Behinderungen in ihrem Umfeld und der Gesellschaft entscheidend prägen kann. Gott gebe dazu immer neu die Kraft und die Gnade, der Hoffnung ein Gesicht zu geben und Zeichen zu setzen, die befreiend über uns hinausweisen. Wir dürfen dankbar sein für das Lächeln der Freundschaft, das von den Kindern zu uns kommt.

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