Berlin. Wie überall in der Welt sind auch die Bewohnerinnen und Bewohner der Häuser der Tiele-Winckler-Haus GmbH alle zuhause und gehen nicht in die Werkstatt. Da sie zur Risikogruppe zählen, können sie weder Freundinnen und Freunde noch Angehörige besuchen oder empfangen. Gruppen- oder gar häuserübergreifende Angebote finden bis auf weiteres nicht statt. Ihre Wohngruppe mit den Mitbewohnerinnen, Mitbewohnern und Mitarbeitenden ist nun ihr einziger Bezugspunkt im Leben. Das erwartete Chaos ist jedoch ausgeblieben. Stattdessen haben sich mittlerweile alle an die Situation gewöhnt, wenngleich eine Sehnsucht nach Normalität bleibt.
Und es gibt immer wieder schöne kreative Momente in der scheinbar unendlichen Gleichmäßigkeit Woche für Woche. Da ist die Freude über eine zufällige Begegnung, wenn einige Bewohnerinnen und Bewohner mit den Mitarbeitenden vom Spaziergang zurückkommen und den eigenen Weg kreuzen, oder darüber, wenn aus dem Fenster zum Abschied „Auf Wiedersehen“ oder „Hallo“ gerufen wird. In den Gruppen laufen zudem Aktivitäten, die mit Vergnügen angenommen werden. An den noch kälteren Tagen der Corona-Wochen ergriff eine der Gruppen in ihrem großen Wohnzimmer das Tischtennis-Fieber. Es wurden fast täglich Matches auf der aufgestellten Tischtennisplatte ausgetragen. An den wärmeren Tagen veranstaltete die Gruppe zudem ein Kegelturnier im Garten. Zwei ältere Damen im Haus lassen sich sehr gerne mit der Fahrradrikscha kutschieren, die eine der Damen sich von dem Geld aus dem Entschädigungsfonds leisten konnte. Andere passen ihr Hobby den Corona-Notwendigkeiten an: So hat Udo, ein 50-jähriger Bewohner, der gerne stundenlang Schals häkelt, für seinen Teddy eine Mund-Nasen-Maske gehäkelt.
Der Höhepunkt der Woche ist für Mitarbeitende und die Bewohnerschaft das Treppenhaus-Singen in der Mozartstraße 21-22: wenn Norbert Forcher sein Keyboard aufbaut und Liederzettel in allen Etagen verteilt, die Trompete von Daniela Frick ertönt, die Bewohner/-innen aus den Wohnungen ans Treppengeländer ihrer Etage treten und gemeinsam das Friedenshortlied aus allen Etagen erklingt, wenn Frühlingslieder aus voller Kehle gesungen werden und sich alle Beteiligten mit dem Mozartstraßen-Andachtshit „Komm Herr, segne uns“ den Schlusssegen zurufen.
Jeder coronafreie Tag bedeutet für uns in der Behindertenhilfe einen Glückstag.