Mit Einbruch der Dämmerung war das Festgelände in stimmungsvolles Licht getaucht
Mit Einbruch der Dämmerung war das Festgelände in stimmungsvolles Licht getaucht
Mit dem Jubiläumsgottesdienst fanden die Tage in Heiligengrabe ihren Abschluss
Mit dem Jubiläumsgottesdienst fanden die Tage in Heiligengrabe ihren Abschluss

75 Jahre Friedenshort in Heiligengrabe

Erstellt von Henning Siebel |

Ein mehrtägiges Fest mit großer Wiedersehensfreude in froher Gemeinschaft!

Weitere Bilder vom Jubiläum in unserer Bilder-Show

Heiligengrabe. Freude und fröhliche Gemeinschaft kehrten zurück! Das könnte auch als eine Überschrift über den Jubiläumstagen „75 Jahre Friedenshort in Heiligengrabe“ stehen, denn dies war deutlich auf den Gesichtern aller Gäste, Diakonissen, Mitarbeitenden sowie Bewohnerinnen und Bewohner abzulesen: Freude über Gemeinschaft und Miteinander in größerer Runde, Fröhlichkeit bei den vielfältigen Mitmach-Angeboten und der Musik und natürlich Wiedersehensfreude. Letztere zeigte sich vor allem bei den Begegnungen der aus Freudenberg angereisten Diakonissen mit den Menschen deutlich, die in den verschiedenen Wohngruppen des Friedenshortes in Heiligengrabe leben.

Die Jubiläumstage im September 2021 konnten stattfinden, weil einerseits das lokale Infektionsgeschehen in der Corona-Pandemie dies zuließ und weil andererseits ein durchdachtes Hygienekonzept Teil der ohnehin sehr gelungenen Organisation unter der Federführung der beiden Regionalleitungen Stephan Drüen und Carola Altmann war. Den Auftakt bildete eine gemeinsame Andacht mit Abendessen für Mitarbeitende und Bewohnende am 9. September. Der Folgetag stand dann ganz im Zeichen der Mitarbeitenden, denen Carola Altmann und Stephan Drüen in besonderer Weise dankten für den großen und herausfordernden Einsatz inmitten des Pandemie-Geschehens. Kulinarische Leckereien, kühle Getränke und Cocktails standen bereit. Und wer ausreichend gestärkt war, konnte an den Mitmachständen Geschick und Präzision erproben. So galt es mit Wasser gefüllte Bierkrüge geschickt so über eine „Theke“ rutschen zu lassen, dass sie kurz vor dem möglichen Absturz stoppten, oder „Alle Neune“ beim Open-Air-Kegeln zu Fall zu bringen. Allerdings sollten noch Kraftreserven aufgespart werden, denn im Festzelt legte der DJ zum Tanz auf – und das für einige Stunden … Die noch recht angenehmen Temperaturen luden aber auch dazu ein, sich draußen zum Plausch zu treffen, was in wunderschönem Ambiente möglich war. Bei Einbruch der Dunkelheit leuchtete das Gelände in farbig-stimmungsvollem Licht dank des Teams vom Technischen Dienst um Matthias Sobania.

„Nach einer langen Zeit von Zurückhaltung und Abstand dürfen wir heute wieder miteinander feiern, und das ist etwas Besonderes“, begrüßten Carola Altmann und Stephan Drüen die Gäste im vollbesetzten Festzelt am Samstagnachmittag. Öffentlichkeitsreferent Henning Siebel als Moderator der Jubiläumsfeier freute sich besonders über die anwesenden Schwestern: „Ohne unsere Diakonissen säßen wir heute nicht hier, denn es würde gar keinen Jubiläumsanlass geben!“ Mit donnerndem Applaus wurden die Schwestern daher begrüßt. Vergangenheit und Gegenwart zu verbinden war eine Idee für den Nachmittag. Dies gelang durch eine Bilder-Show zu Beginn und vor allem durch kurze Talkrunden des Moderators. In Teil 1 standen Oberin Sr. Christine Killies und die jahrzehntelange Mitarbeiterin Brunhilde Krause Rede und Antwort. An ihren ersten Tag in Heiligengrabe erinnerte sich Sr. Christine mit gemischten Gefühlen: „Es war ein sonniger Tag und dann ging es in den dunklen Gang im Kloster Stift, den so genannten Kuh-Gang, und ich dachte im ersten Moment, also hier kann ich nicht bleiben!“ Aber der erste Eindruck sollte nicht prägend bleiben und Sr. Christine berichtete über die verschiedenen Arbeitsfelder, die sie durchlaufen hat, bis hin zur Berufung als Oberin. „Als mir das Amt vor 20 Jahren angetragen wurde, habe ich erstmal einen riesigen Schrecken bekommen, ich wollte ja weiterhin für meine Tannenzweige-Kinder da sein“, erinnerte sich Sr. Christine. Aber die mutmachende Art ihrer Vorgängerin Sr. Anneliese Daub habe ihr dann sehr geholfen. Für Brunhilde Krause war es in ihrer Arbeit für Menschen mit Beeinträchtigungen besonders wichtig, Zuwendung und Geborgenheit zu vermitteln und auf diese Weise auch die Liebe Jesu Christi weiterzugeben, wie sie im Gespräch verdeutlichte.

Für eine zweite Gesprächsrunde standen mit Katja Hennig und Marco Nowak zwei Betreute aus der Jugend- und Eingliederungshilfe zur Verfügung sowie mit Anke Schlinkert eine langjährige Mitarbeiterin in der Einrichtung Heiligengrabe/Wittstock. Die Gäste erfuhren anschaulich, wie sich das Alltagsleben in den beiden Wohnforme gestaltet. Dass sich die jungen Menschen in der Regel recht gut aufgehoben fühlten in der Wohngruppe, verdeutlichte Anke Schlinkert: „Immer mal wieder stehen Ehemalige vor der Tür, die nochmal reinschauen möchten bei uns, und ich bin dann überrascht, wenn ich merke, wie lange es eigentlich schon her ist, dass sie bei uns waren.“

„Der Herr geht euch voran und beschützt euch von allen Seiten“

„Vor 75 Jahren hätte gewiss niemand geglaubt, dass wir im Jahr 2021 voller Freude und Dankbarkeit ein solches Fest feiern dürfen“, sagte Leitende Theologin Pfrn. Ute Riegas-Chaikowski. Auch Kaufm. Vorstand Götz-Tilman Hadem blickte zurück: „Neben Dankbarkeit für einen Zufluchtsort war da Müdigkeit und Erschöpfung nach einer langen Flucht und die bange Frage, wie wird es wohl den anderen ergehen?“ Die Losung für den Tag sei daher besonders passend und gelte auch für die letzten 75 Jahre, so Pfrn. Riegas-Chaikowski: „Der Herr geht euch voran und beschützt euch von allen Seiten!“ Dies bedeute nicht, dass alles leichtfalle und es keine Probleme mehr gebe, sondern dass Gott als Tröster da ist und in aller Not auch immer wieder Mittel und Wege für die Zukunft aufzeige und Menschen befähige. Letzteres gelte auch, um die Geschicke des Friedenshortes zu lenken, und so holte der Vorstand nach und nach stellvertretend Mitarbeitende aus den unterschiedlichsten Leitungsbereichen und Abteilungen des Gesamtwerkes auf die Bühne.

Natürlich gehören auch Grußworte zu einer Jubiläumsfeier. Der Heiligengraber Bürgermeister Holger Kippenhahn überbrachte sein Grußwort stellvertretend für die kommunale Gemeinde zusammen mit Antje Hein von der kommunalen Kita „Haus der kleinen Strolche“. Die „Strolche“ hatten zudem Jubiläumsblumengrüße und ein Gedicht mitgebracht. Bürgermeister Kippenhahn stellte seinen Gruß unter ein Zitat von Dietrich Bonhoeffer: „Nicht der fernste Mensch ist uns das größte Geheimnis, sondern gerade der Nächste!“ Dies verbinde Heiligengrabe mit dem Friedenshort. Als er vor rund 25 Jahren nach Heiligengrabe gekommen sei, da waren es die Diakonissen in Tracht, die ihm sofort besonders auffielen: „Und als ich nun hier wieder Schwestern gesehen habe, fühlte ich mich sofort 25 Jahre jünger!“ Für den Ort Heiligengrabe seien die Ankunft der Schwestern 1946 und die Aufnahme der sozialen Arbeit ein wirklicher Kulminationspunkt gewesen, denn auch das Kloster Stift würde es sicherlich in der heutigen Form sonst nicht geben. Für die ev. Kirchengemeinde Heiligengrabe grüßte Tom Seemann vom Gemeinderat. Er dankte für das gute und fruchtbare Miteinander von Kirchengemeinde und Friedenshort über alle Jahrzehnte hinweg. Der Umzug der Diakonissen nach Freudenberg sei schmerzlich gewesen, aber auch im Wandel bleibe man verbunden: „Gottes Segen für Sie und Ihr Werk!“ Einen Überraschungsgruß in musikalischer Form gab es per Video durch die Band „Koenige & Priester“, die zu den aktuell bekanntesten Vertretern christlicher Popmusik gehört. Musik gab es aber auch live und „handgemacht“ vor Ort durch Bewohnende der Tagesstruktur und den Chor der Mitarbeitenden.

Mit dem Festakt war der Jubiläumstag jedoch längst nicht zu Ende. Das Hoffest lud zu Spiel und Spaß ein und am Abend gastierte die Berliner Band „Jesus First“ für ein Lobpreis-Konzert. Musikalisch überzeugend und genauso überzeugend in der klaren Botschaft vom Evangelium, so lässt sich der Auftritt zusammenfassen.

Für den Festgottesdienst am Sonntagvormittag mussten die Seitenteile des Zeltes teils entfernt werden, damit alle Platz und ausreichende Sicht hatten. Mit „Einfach Spitze“ begrüßte die Gruppe der Tagesstruktur die Gottesdienstbesucher musikalisch. Eine Aussage, die in zwei Worten auch über den ganzen Jubiläumstagen stehen könnte, nicht nur was das Programm anbelangt, sondern auch das Miteinander von Menschen jeden Alters, ob mit Beeinträchtigungen oder ohne. Also eine gelebte Inklusion, die auch im Gottesdienst ihre Fortführung fand durch aktive Beteiligung von vielen Bewohnerinnen und Bewohnern aus Jugend- und Eingliederungshilfe des Friedenshortes. In ihrer Predigt ging Pfrn. Ute Riegas-Chaikowski auch auf den Jubiläumsanlass ein, die Ankunft der Friedenshort-Diakonissen und der ihnen anvertrauten Menschen in Heiligengrabe am 9. September 1946. „Gott sagt, ich will Frieden geben in eurem Lande, dass ihr schlaft und euch niemand aufschrecke.“ Dieses Bibelwort aus Kapitel 26 des 3. Buch Mose stehe als Botschaft der Zuversicht und des Haltes über dem Ereignis vor 75 Jahren, nun Zuflucht gefunden zu haben. „Ich stelle mir vor, wie sehr dieser Satz die Schwestern, Kinder und Jugendlichen damals berührt hat, nach aller Not und all dem erlebten Schrecken der Flucht“, so Pfrn. Riegas-Chaikowski. Denn man habe einen Ort gefunden, der nun Friedenshort sein solle, einen Ort der Geborgenheit. „Wenn ihr euch nach meinen Anweisungen richtet und meine Gebote befolgt, werde ich euch mit Segen überschütten“, heiße es im gleichen Kapitel. Diese Zusage könne auch über den nun 75 Jahren Friedenshort in Heiligengrabe stehen, denn es sei als Auftrag zu begreifen, von Gottes großer Liebe weiterzugeben, so wie es auch Mutter Eva einst formuliert habe: „Werde ein Segen für alle, die dir begegnen.“ Pfrn. Riegas-Chaikowski: „So ist es hier geworden im Friedenshort. Große und kleine, alte und junge Menschen finden Schutz und Sicherheit, einen Ort, der Perspektiven eröffnet, der Leben gut sein lässt. Einen Ort, in dem Menschen andere Menschen annehmen, so wie sie sind, weil sie von Gott geliebt werden.“

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