Das Gebäude in der Finchleystraße wurde zuvor als Gemeindezentrum genutzt
Das Gebäude in der Finchleystraße wurde zuvor als Gemeindezentrum genutzt
Die schöne Kapelle im Erdgeschoss soll weiter genutzt werden
Die schöne Kapelle im Erdgeschoss soll weiter genutzt werden
Das Gebäude wurde entkernt und wird für drei Wohngruppen barrierefrei ausgebaut
Das Gebäude wurde entkernt und wird für drei Wohngruppen barrierefrei ausgebaut
Die neuen Wohngruppen befinden sich in einem Wohngebiet in Berlin-Lichtenrade
Die neuen Wohngruppen befinden sich in einem Wohngebiet in Berlin-Lichtenrade
Mit Werbebannern werben wir für die neuen Angebote des TWH
Mit Werbebannern werben wir für die neuen Angebote des TWH

Ein Lebensort und Begegnungsraum entsteht

Erstellt von Norbert Rodermond |

Unser Wohngruppen-Projekt Finchleystraße in Berlin schreitet voran.

Berlin-Lichtenrade. Mehrere Jahre lang war die Tiele-Winckler-Haus GmbH auf der Suche nach einer geeigneten Immobilie, um die bereits bestehenden Wohnangebote für Menschen mit Behinderung im Süden Berlins zu erweitern. Vor allem für die Angebote in der Mozartstraße in Berlin-Lichtenrade gibt und gab es viele Anfragen für einen Wohnplatz für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder Mehrfachbehinderungen. Sehr häufig konnte diesen Aufnahmeanfragen leider aus Kapazitätsgründen nicht entsprochen werden. Mit der Heimaufsicht und der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales ist daher die dringend notwendige Ausweitung des Angebots an Plätzen abgestimmt worden und sie wurden in die Vorplanungen einbezogen.

Vor rund drei Jahren hatte die Suche schließlich Erfolg: Im Frühjahr 2019 ist von der Ev. Kirchengemeinde Lichten­rade ein nicht mehr benötigtes Gemeindezentrum in der Finchleystraße 10 erworben worden. Es liegt am Ende einer Sackgasse im Ortsteil Lichtenrade des Bezirks Tempelhof-Schöneberg, mitten in einem Wohngebiet mit Hochhäusern und Mehrfamilienhäusern. Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1975. Es verfügte im Ursprung über ca. 1100 m2 Nutzfläche auf zwei Geschossen und einem anteilig ausgebauten Kellergeschoss. Im Erdgeschoss befinden sich eine Kapelle, ein Mehrzwecksaal und eine Cafeteria. Von Beginn an war klar, dass dies alles weiter genutzt werden soll. Diverse Büro- und Gruppenräume waren in beiden Stockwerken zu finden. Ein Aufzug fehlte. Der Aus- und Umbaubedarf war trotz insgesamt guter Eignung erheblich. Ein großes Plus: In der näheren Umgebung gibt es eine Kita sowie Schulen, Sportplätze und das Gemeinschaftshaus Lichtenrade. Bus und S-Bahn sind in der Nähe, ebenso Ärzte, Therapeuten und Einkaufsmöglichkeiten. Auf dem hinteren Grundstücksteil befindet sich die Diakoniestation, deren Garten auch von uns mitgenutzt werden kann. Vor dem ­Gebäude gibt es einen Parkplatz. Das Grundstück hat eine ­Fläche von ungefähr 2.900 m2.

Für die Umgestaltung und Modernisierung wurde mit D + S Architekten aus Berlin-Schöneberg ein gutes Architekturbüro gefunden. Die Firma hat bereits Bauprojekte anderer Eingliederungshilfeträger erfolgreich und ansprechend umgesetzt, zum Beispiel für »Zukunftssicherung Berlin e.V.« oder »Leben Lernen e.V.« Die genaue Kenntnis der Auflagen und Bestimmungen der Bauverordnung gemäß Wohnteilhabegesetz ist dabei ein wichtiger Aspekt. Alle Planungen erfolgen in guter Abstimmung mit unserer Architektin Bettina van Baal.
Das Gebäude wird barrierefrei umgebaut, optische Stilelemente sollen aber bewahrt bleiben: Es wurde entkernt und nun für drei Wohngruppen mit insgesamt 16 Plätzen ausgelegt. Über einen Aufzug, der dankenswerterweise durch die Klassenlotterie bezuschusst worden ist, sind alle Etagen des Gebäudes erreichbar. Das Gebäude ist über eine Rampe barrierefrei erreichbar. Die Wohnungen der drei Gruppen verteilen sich auf Erd- und Obergeschoss, jeweils mehrere davon sind für Menschen im Rollstuhl ausgelegt. Alle Gruppen haben jeweils eine ­offene Küche mit Wohn- und Essbereich, im Erdgeschoss und im ersten Stock gibt es jeweils ein Pflegebad. Im Kellergeschoss gibt es unter anderem Platz für Abstellräume, einen Hauswirtschaftsraum mit ­Waschmaschinen und Trocknern, einen Besprechungsraum und einen Hobby­raum. Durch den Umbau wird eine Wohnsituation geschaffen, in der Menschen mit einer geistigen Behinderung und zusätzlichen Beeinträchtigungen mitten im Kiez ein ansprechendes Wohnangebot erhalten können.

So ist der momentane Stand

Die Baustelle Anfang März 2022: Die Trockenbauarbeiten sind in vollem Gange, ebenso die Elektroinstallationen. Die Wohngruppenräume sind schon gut erkennbar, die Küchenplanungen sind abgeschlossen. Negativ ist festzustellen, dass die Baustelle beliebter Treffpunkt von Jugendlichen ist, die eindringen oder gar Scheiben einschlagen, weil durch die Lage der hintere Gebäudeteil von der Straße aus nicht einsehbar ist. Gegenmaßnahmen mussten daher ergriffen werden. Wir hoffen, dies gehört dann bald der Vergangenheit an.

Die große Besonderheit von Haus Finchleystraße sollen die öffentlich zugänglichen Bereiche werden, um inklusive Begegnung zu ermöglichen. Die Kapelle ist wunderschön. Zusammen mit Cafeteria und Saal sowie dem ­großen Garten bekommt alles einen einladenden ­Charakter. Hierzu sind wir schon in gutem Austausch mit der ­Kirchengemeinde (die wahrscheinlich für ihr Projekt »Laib und Seele« die Räume weiter nutzt), aber auch mit einigen Nachbarschaftsinitiativen wie dem John-Locke-Treff, dem Träger NUSZ und dem Jugendbeteiligungs­projekt Outreach sowie der Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land – es gibt viele Ideen! Mit Hilfe des ­Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg konnten für die Ausstattung des öffentlichen Bereichs Fördergelder ­beantragt werden, was hoffentlich erfolgreich ist.

Schon jetzt freuen wir uns auf unsere zukünftigen ­Bewohnerinnen und Bewohner: Menschen mit geistiger Behinderung und zusätzlichen Beeinträchtigungen, die gern in Lichtenrade leben und Teil der Nachbarschaft und des »Kiezes« werden wollen. Dazu benötigen sie Unterstützung, die im Rahmen der Eingliederungshilfe 24 Stunden täglich zur Verfügung steht! Diese Assistenzleistungen umfassen Beratung, Motivation, pädagogische Anleitung, Begleitung bis hin zur stellvertretenden Übernahme und grundpflegerischer Versorgung in allen Lebensbereichen. Eigenständigkeit und Gemeinschaft werden die drei Wohngruppen kennzeichnen. Jeder Gruppe ist ein festes Team von Mitarbeitenden zugeordnet, es gibt eine Nachtwache für alle drei Gruppen, ebenso eine Hauswirtschaftskraft pro Gruppe. Angebote des gruppenübergreifenden heilpädagogischen, kunst- und musiktherapeutischen Bereichs sowie psychologische ­Beratung ergänzen das Betreuungsspektrum. Die Einrichtungsleitung wird Jonas Wuttke übernehmen, der maßgeblich in die Vorbereitung eingebunden ist. Im Herbst 2022 möchten wir eröffnen. Zum Haus Finchleystraße 10 gehört die Außenwohngruppe Retzowstraße mit acht Plätzen in Berlin-Lankwitz.

Bei allen Planungen braucht es am Ende Menschen, die dort leben, und Menschen, die dort arbeiten. Diverse Maßnahmen sind angelaufen, um genau dafür zu werben, zum Beispiel mit Bannern und Plakaten. Wir freuen uns zudem über das Interesse von Gemeinden und stellen uns in Gemeindebriefen vor. Unsere Netzwerkarbeit umfasst aber auch Kooperationen mit Fachschulen und Ausbildungsträgern sowie weiteren Einrichtungen des öffentlichen Lebens. Auch wenn noch viel zu tun ist und besonders die Personalakquise große Herausforderung und permanenter Begleiter ist, sind wir zuversichtlich und freuen uns, einen besonderen Lebensort für besondere Menschen in Lichtenrade zu schaffen!

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