Die Einrichtung Tostedt aus der Luft
Die Einrichtung Tostedt aus der Luft
Symbolfoto: Christian Schwier
Symbolfoto: Christian Schwier

„Schutzraum für Kinder muss gewährleistet bleiben“

Erstellt von Timon Brandenberg |

Über die Herausforderungen in der Einrichtung Tostedt während der Corona-Pandemie.

Landkreis Harburg/Buxtehude. Die Corona-Pandemie stellt auch den Bereich der Jugendhilfe vor große Herausforderungen. Die diakonisch-gemeinnützige Evangelische Jugendhilfe Friedenshort GmbH – Heimat für Heimatlose – mit Sitz in Freudenberg und Einrichtungen im Landkreis Harburg und Buxtehude begegnet dieser Herausforderung „mit großer Entschlossenheit, aber auch der notwendigen Besonnenheit“, wie Götz-Tilman Hadem als Geschäftsführer erläutert: „Die Aufgabe ist deshalb so groß, weil wir niemanden im Stich lassen wollen, der uns anvertraut ist, und zugleich in einer Fürsorgepflicht gegenüber unseren Mitarbeitenden stehen.“ Die Einrichtung Tostedt des Friedenshortes leistet mit rund 100 Mitarbeitenden wesentliche der im Sozialgesetzbuch VIII verankerten Hilfen zur Erziehung, die durchweg im Auftrag der Jugendämter erfolgen: von stationären Wohngruppen über teilstationäre Angebote wie Tagesgruppen und soziale Gruppenarbeit bis hin zur ambulanten Familienhilfe. Letztere sind aufgrund der behördlich angeordneten Kontaktreduzierungen derzeit nur noch sehr eingeschränkt möglich. „Vieles kann zwar telefonisch besprochen werden“, erläutert Regionalleiter Timon Brandenberg, „doch die Mitarbeitenden aus den ambulanten Hilfen gehen trotzdem nach wie vor zu den Familien, insbesondere wenn eine Gefahr für das Kindeswohl besteht.“

Auch die teilstationären Angebote des Friedenshortes sind in ihrer eigentlichen Form derzeit nicht möglich. Die Tagesgruppen, in denen Kinder normalerweise nach der Schule bis zum frühen Abend täglich sozialpädagogisch betreut werden, bleiben bis auf Weiteres geschlossen. Die Soziale Gruppenarbeit kann schon allein aufgrund der Schulschließungen aktuell nicht angeboten werden. Daher wird der Kontakt zu den Familien ebenfalls telefonisch oder per Video als Fortsetzung der Hilfen aufrechterhalten. „Die Familien befinden sich natürlich aktuell unter erheblichem Druck, Eltern und Kinder können sich in den Wohnungen nicht aus dem Weg gehen. Mit konsequenter Beziehungsarbeit und Tipps für Freizeitbeschäftigungen wollen wir Eskalationen entgegenwirken“, berichtet Brandenberg.

Im Bereich der stationären Jugendhilfe kommen Schließungen hingegen nicht in Frage. „Trotz Pandemie muss der Schutzraum für alle Kinder gewährleistet sein“, so Brandenberg. Bis zu acht Kinder und Jugendliche leben in den Gruppen und werden rund um die Uhr von den Mitarbeitenden betreut. Bisher hätten die Kinder und Jugendlichen mit großer Akzeptanz auf die Beschränkungen in ihrem Alltag reagiert, berichtet Brandenberg. Die jungen Menschen dürfen derzeit keine Besucher in der Gruppe empfangen und auch die Wochenendheimkehr in die Herkunftsfamilien, die normalerweise ein gängiges Element in der pädagogischen Arbeit zur stufenweisen Erprobung familiären Zusammenlebens und der Kontaktpflege darstellt, muss sehr stark eingegrenzt werden.

Die Mitarbeitenden gehen mit den Kindern nun meistens einzeln spazieren, damit nicht mehr als zwei Personen unterwegs sind – auch wenn eigentlich alle zu einem Haushalt gehören. „Wir haben das Glück, dass wir hier sehr ländlich wohnen und es viel Wald gibt“, ist Brandenberg dankbar. So gibt es genug Möglichkeiten, sich an der frischen Luft zu bewegen, ohne anderen zu nahe zu kommen. Doch auch ganz alltägliche Dinge werden zur Herausforderung. Was in ganz Deutschland ein Thema ist – der Kauf von Toilettenpapier – beschäftigt auch die Wohngruppen. „Für acht Kinder und Jugendliche plus Mitarbeitende reicht natürlich kein einzelnes Paket. Bei den Einkäufen werden wir dann teilweise aber schief angeguckt, wenn wir mehr als eine Packung kaufen möchten“, berichtet Brandenberg. Selbst eine Bescheinigung des Arbeitgebers über die Größe der Wohngruppe nütze hier leider häufig nichts.

Trotz der großen Herausforderungen seien jedoch alle Beteiligten noch guter Dinge. „Alle unterstützen sich gegenseitig, das ist wirklich klasse. Mein großer Dank geht an die Kolleginnen und Kollegen ebenso wie an die Kinder und Jugendlichen, dass sie so toll mit der derzeitigen Situation umgehen“, bekräftigt Brandenberg.

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