Symbolbild: In der Corona-Krise ziehen alle an einem Strang (© Christian Schwier)
Symbolbild: In der Corona-Krise ziehen alle an einem Strang (© Christian Schwier)
Die Mitarbeitenden der SGA überraschten die Kinder mit einem Präsent zu Ostern ...
Die Mitarbeitenden der SGA überraschten die Kinder mit einem Präsent zu Ostern ...
... das sie unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen den Familien an die Haustür brachten
... das sie unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen den Familien an die Haustür brachten
Die Kinder und Jugendlichen freuten sich sehr über eine Popcorn-Spende eines Kinos (© Symbolfoto: Vecteezy)
Die Kinder und Jugendlichen freuten sich sehr über eine Popcorn-Spende eines Kinos (© Symbolfoto: Vecteezy)

Über den Gruppen-Alltag in Zeiten von Corona

Die Gruppen der Einrichtung Northeim berichten, wie sie den Alltag so kreativ wie möglich gestalten. Wir haben die Berichte im Folgenden zusammengefasst.

Northeim. Aufgrund der momentanen Situation haben wir in der ION Kids ja leider nicht die Möglichkeit, Ausflüge zu machen. Wir nutzen die Zeit unterdessen damit, im Garten zu spielen, zu basteln, spazieren zu gehen oder den Wald zu erkunden. Auch spaßige Filmabende mit Popcorn versüßen uns den Ferienalltag. Hin und wieder backen wir gemeinsam Kuchen und machen gemütliche „Kaffeerunden“ am Nachmittag. Die Kinder meistern die Einschränkungen sehr gut, sie beschweren sich kaum. Warum die Besuchskontakte nicht stattfinden können, ist jedoch schwierig für die meisten zu verstehen. Per Tablet und Videoanruf können sie ihre Familien nun aber sprechen und sehen. Die Kids gehen einerseits locker mit Corona um, zum Beispiel hören sie gerne den „Corona-Song“ und singen lautstark mit, wenn dieser im Radio läuft. Andererseits wissen sie genau um die Maßnahmen zum Schutz gegen den Virus. Sie machen sich Gedanken über betroffene Personen, was in einem Krankheitsfall passieren würde und wann und wie die Schule weitergehen wird.

In der Inobhutnahme Northeim gehen wir ebenfalls täglich in Kleingruppen spazieren. Zudem spielen wir Gesellschaftsspiele und schaffen es sogar, über mehrere Stunden Monopoly zu spielen. Sehr unangenehm ist das Einkaufen geworden. Wir haben nun mal einen großen Verbrauch, was Lebensmittel, aber auch Haushaltsartikel wie heißbegehrtes Toilettenpapier angeht, da merken wir schon sehr verurteilende Blicke, wenn wir mehr als eine Packung Toilettenpapier kaufen. Ohne unser Bescheinigungsschreiben würden wir häufig auch gar nicht mehr bekommen. Positiv ist wiederum, dass nun alle Jugendlichen gern beim Einkaufen helfen, da es fast schon zu einer Freizeitaktion geworden ist. Vor die größte Herausforderung stellt uns das Kontaktverbot. Denn natürlich möchten all unsere Jugendlichen sich gern mit ihren Freunden treffen und das schöne Wetter genießen.

Schnell war in der Wohngruppe Bad Gandersheim klar: Beschäftigung und Möglichkeiten des Auspowerns mussten her: Wir spielen Federball, Wikinger-Schach und Tischtennis auf unserem großen Grundstück oder machen ein kleines Lagerfeuer mit Stockbrot und gerösteten Äpfeln am Abend. Spontan wurde das Projekt „Beet anlegen“ aus dem Boden gestampft. Das bedeutete, aus unserem lehmigen und festen Boden die Grasnarbe auszustechen, umzugraben und Humuserde unterzugraben. Unsere Jugendliche waren sehr fleißig, bei der Arbeit wurde Musik gehört und viel gelacht. Körperliche Arbeit nicht gerade gewöhnt, litten sie schnell unter Blasen an den Händen und Muskelkater, blieben aber motiviert und packten weiter ordentlich mit an. Geplant war, Stauden anzupflanzen, die bedrohten Insektenarten Lebensraum bieten, aber auch Beerensträucher, Tomaten und Zucchini. Leider wurden dann die Gartencenter geschlossen. Die Idee, einen Toilettenpapierbaum anzupflanzen, haben wir dann doch wieder verworfen ... Bei schlechtem Wetter war das gemeinsame Wii-Spielen der Renner. Bei „Let’s Dance“ powerten unsere Kids sich ordentlich aus. Wir richteten in einem Zimmer zudem einen „Fitnessraum“ mit Stepper, Fahrrad und einem kleinen Trampolin ein. Auch wir Mitarbeiter profitierten von diesem erhöhten Bewegungsangebot. Voraussetzung für die Motivation der Kinder war immer: Die Pädagogen machen mit! Noch eine nette Begebenheit: Eine Mitarbeiterin des Gandersheimer Kinos „Gandeon“ rief uns an und fragte, ob wir Popcorn haben wollen. Klar, wollten wir! Wir erhielten eine riesige Tüte und veranstalteten einen nicht ganz so gesunden Film-Abend … Natürlich gibt es nicht nur diese schönen Situationen. Keine Schule, keine Außenkontakte, keine Heimfahrten – die Jugendlichen haben das Bedürfnis, sich ihre Verunsicherungen und Ängste von der Seele zu reden. Ihre eigentlichen Probleme und Belastungen können sie ja nicht einfach über Bord werfen in dieser für alle schwierigen Zeit. Unsere Kids schlagen sich wacker, machen das toll und wir Pädagogen auch!

Auch in der Außenwohngruppe versuchen die Mitarbeitenden, den Alltag der Kinder möglichst abwechslungsreich zu gestalten, da sie viel im Haus sind und sich daher teilweise langweilen. Die Mitarbeitenden führen viele Gespräche mit den Kindern, gemütliche DVD-Abende sowie gemeinsames Spielen sind noch beliebter als sonst und die Kinder kochen und backen viel zusammen. Die Situation ist für alle eine Herausforderung, bietet aber zugleich auch eine Chance, mehr miteinander zu machen und soziale Fähigkeiten zu fördern. Unsere Kinder verhalten sich in dieser anspruchsvollen Zeit vorbildlich und konnten schnell Verständnis für die aktuelle Situation entwickeln.

Im Verselbständigungsbereich gibt es ebenfalls coronabedingte Einschränkungen und Rückschläge. So fuhr eine Jugendliche beispielsweise Anfang März in einen Ferienort an der Küste, da sie dort ein Vorstellungsgespräch und eine Wohnungsbesichtigung hatte. Sie freute sich, da dort ein großer Traum für sie in Erfüllung gehen konnte. Am 11. März berichtete sie noch begeistert von den niedlichen Orten, den freundlichen Menschen und der beeindruckenden Natur. Einen Tag später kam dann eine verzweifelte Nachricht: „Das Gespräch wurde abgesagt. Wegen Corona ist hier alles dicht! Was soll ich jetzt machen?“ Die Jugendliche kehrte einige Tage später zurück nach Northeim, wo Corona ebenfalls das normale Leben umkrempelte und die Träume der Jugendlichen zunächst zerschlagen hat. In der aktuellen Situation geht fast alles nur noch per Telefon. Auch das Ausfüllen ellenlanger Anträge und Korrespondenz mit Behörden. Immer wieder fällt von den Jugendlichen am Telefon der Satz „Das verstehe ich nicht!“. Daraufhin folgt der zweithäufigste Satz von ihrer Betreuerin: „Mach bitte mal ein Foto und schick es mir!“

Nach dem ersten Schock haben alle Mitarbeiter der Sozialen Gruppenarbeit Uslar überlegt, wie wir gemeinsam die Krise meistern können. Gerade jetzt ist es wichtig, zusammenzuhalten, soziales Engagement zu zeigen und unseren Kindern zu erklären, was auf sie zukommt und dass wir für sie und ihre Eltern als Ansprechpartner da sind. In den ersten Tagen nach der Schulschließung gab es eine Notbetreuung, für besonders betroffene Kinder. Leider ging es rasant weiter und es erfolgte ein Kontaktverbot und die damit verbundene Schließung der Notgruppe. Zu diesem Zeitpunkt wurde eine tägliche Telefonsprechstunde eingerichtet, um den Kontakt zu den Kindern und Eltern aufrechtzuhalten. Kurz vor Ostern "hoppelten" die beiden Kollegen Frau Bruns und Herr Harenkamp – natürlich gut geschützt – zu allen Kindern und Familien, die in der SGA Uslar/Wiensen betreut werden, und verteilten kleine Ostergrüße zur großen Freude der Kinder. Dies kam natürlich sehr gut an. Es ist sehr schön mitzuerleben, wie alle (Kinder, Eltern, Mitarbeiter und Leitung) gemeinsam Lösungen in dieser schweren Zeit gefunden haben und wir trotz Abstand zusammengerückt sind. Wir freuen uns schon jetzt auf die überraschten Gesichter unserer Kinder, wenn sie wieder in das Haus der SGA kommen – denn die Zeit der Schließung wurde dafür genutzt, zu renovieren. Bis dahin wünschen wir für alle Zuversicht, Kreativität, Humor und Gesundheit. ALLE DINGE SIND MÖGLICH. DAS GLAUBEN WIR, DAS HOFFEN WIR.

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