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Das "Verselbständigungshaus" befindet sich in Siegen-Niederschelden.
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Auch Bewerbungstraining gehört dazu. © Symbolfoto: chonlachai / Adobe Stock
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Sinnvoller Umgang mit dem eigenen Geld will gelernt sein. © constructeresxx / Adobe Stock
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Auch Wäsche waschen will gelernt sein. © Symbolfoto: Christian Stoll / Adobe Stock

Eigenständig mit Hilfestellung

Erstellt von Henning Siebel + Andrea Krumm-Tzoulas |

Im Oktober 2019 ist das "Verselbständigungshaus" in Siegen-Niederschelden gestartet. Bereichsleiterin Andrea Krumm-Tzoulas erläutert die Maßnahme.

Was sind die Merkmale eines solchen Projekts?

Die Verselbstständigung junger Menschen nimmt in der pädagogischen Arbeit in der stationären Erziehungshilfe verstärkt an Bedeutung zu. Es gilt die jungen Menschen auf ein eigenständiges Leben vorzubereiten, da sich häufig an die Unterbringung in einer Wohngruppe das Leben in einer eigenen Wohnung direkt anschließt. Die notwendigen Kompetenzen hierfür vermittelt eine solche Maßnahme.

An welche Zielgruppe richtet sich das Angebot?

Verselbständigung richtet sich an Jugendliche, die aufgrund ihres derzeitigen Entwicklungsstandes und ihrer Zukunftsplanung an eine eigenständige Lebensführung herangeführt werden sollen. Je nach Reifegrad sind sie dann 16 Jahre alt oder älter. Maximal kann dies für junge Volljährige bis zum 21. Lebensjahr gewährt werden. Eine Kooperationsbereitschaft muss deutlich vorhanden sein, sonst kann eine solche Maßnahme nicht stattfinden oder wird rasch eingestellt.

Was sind die Ziele der Verselbständigung?

Es gibt ganz unterschiedliche, aber gleichsam wichtige Ziele. Ein tragfähiges soziales Netzwerk bietet Sicherheit und Halt. Unsere pädagogischen Mitarbeitenden helfen den jungen Menschen, Beziehungen innerhalb der Familie, des Freundeskreises oder im nachbarschaftlichen Umfeld zu stärken oder aufzubauen. Um das Leben erfolgreich in die eigene Hand zu nehmen, ist die Fähigkeit der Selbstmotivation von zentraler Bedeutung. Lösungsorientierte Gespräche und Coachings helfen den Jugendlichen, sich Ziele zu setzen, zum Beispiel einen Schulabschluss zu erreichen oder einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Das Coaching dreht sich auch rund ums Geld. Mit den Finanzen haushalten und diese sinnvoll einzusetzen will gelernt sein. Schließlich müssen die jungen Leute Lebensmittel und Kleidung kaufen, ihre Rechnungen bezahlen, Versicherungen abschließen oder ein Bankkonto einrichten. Übergeordnetes Ziel ist, dass die jungen Leute selbst erkennen, wo ihre Stärken und Schwächen sind und mit Hilfe der Mitarbeitenden eigenständige Lösungen erarbeiten.

Wie leben die jungen Menschen im „Verselbständigungshaus“?

Im Prinzip wie in einer eigenen Wohnung oder WG, aber mit bedarfsorientierter fachlicher Assistenz. Wir haben Platz für bis zu sechs junge Menschen, je nach Anfragesituation gibt es dann eine Mädchen- und eine Jungenetage. Insgesamt gibt es hier zwei Apartments mit je drei Zimmern. Jedes Apartment hat ein Gemeinschaftsbad und eine Gemeinschaftsküche. Neben den schon genannten Zielen achten die Mitarbeitenden auf die Selbstfürsorge oder auch einen ausgewogenen Lebensstil der Jugendlichen. Hierzu gehören Aspekte wie ausreichende Körperpflege, notwendige Arztbesuche, die Themen Alkohol und Drogen oder Sexualität und Verhütung. Und alle müssen die Dinge selbst leisten, die im Haushalt nun einmal anfallen, wie Kochen, Waschen, Putzen usw.

Es gibt unweit dieses Hauses und in der näheren Umgebung stationäre Wohngruppen des Friedenshortes, welchen Vorteil hat das?

Das ist in der Tat sehr hilfreich, weil wir den Übergang von einer Wohngruppe in die Verselbständigung ganz fließend gestalten können. Es gibt Jugendliche, die zwar schon recht selbständig sind aber emotional noch instabil. Da hilft die vertraute Umgebung. Das bietet Sicherheit. Die Ansprechpartner aus der früheren Gruppe sind in der Nähe, wenn mal adhoc ein Problem besteht. Dies hilft sicherlich auch, die Verweildauern in der Verselbständigung nicht zu lange auszudehnen, was im Sinne der Jugendämter ist.

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